Ach, wär‘ doch nicht nötig gewesen. Neuerdings ist der Körper immer so großzügig. Zu jedem Lebensjahr schenkt er ein Kilo Gewicht. Dabei hat man seinen Lebensstil gar nicht verändert. Wo kommen bloß diese Kilos her und wie wird man sie wieder los?
Also, fair klingt das nicht: Während wir so einen Geburtstag nach dem anderen feiern, ist unser Körper heimlich mit Umbaumaßnahmen beschäftigt. Schon ab dem vierten Lebensjahrzehnt tritt er beim Stoffwechsel auf die Bremse. Ziel ist, unbedingt an dem festzuhalten, was er hat: Masse.
Der Organismus beschließt ein Energiesparprogramm, indem er Muskelmasse ab- und Fettdepots aufbaut. Zunächst ganz diskret: Muskeln sind schwerer als Fett; also macht sich der Weg in die Schwabbeligkeit zunächst gar nicht so sehr auf der Waage bemerkbar.
Doch dann schlägt er aus, der Zeiger. Immer ein bisschen mehr.
Hormone gehen, Pfunde kommen
Komplizen dieser Machenschaften sind die Hormone, mal wieder. Wenn bei Frauen der Östrogenspiegel sinkt, wandern weibliche Fettdepots bevorzugt in die Bauchgegend. Sinkt bei Männern der Testosteronspiegel, weichen maskuline Muckis soften Fettringen – bevorzugt in der Bauchgegend. Je älter, desto Klops.
Bauchfett zeigt sich nicht nur als zusätzliches Gewicht und unschöne Wölbung aus Unterhautgewebe, sondern kann vor allem im Inneren Unheil anrichten. Als viszerale (die Eingeweide betreffende) Fettmasse umschließt es die Organe und kann Stoffwechselstörungen und Entzündungsprozesse mit Folgen wie Arteriosklerose, Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder Krebs auslösen.
Doch nicht nur der Abschied von Sexualhormonen schlägt aufs Gewicht. Beim Älterwerden geht auch das Wachstumshormon Somatropin zurück. Schade eigentlich, denn Somatropin ist ein Fettvernichter.
Energiesparziel erreicht
Nun werden Gewicht halten oder gar Abnehmen immer schwieriger. Während Muskeln schon in Ruhe reichlich Kalorien verheizen, sind die weißen Fettzellen nicht besonders verbrennungswütig. Der Körper hat sein Ziel erreicht: Der Grundumsatz an Energie sinkt, der Motor läuft auf Sparflamme. Das war bei den Urahnen ganz gut, damit sie nicht gleich verhungern, falls sie in dem Alter immer noch lebten und mal wieder das Mammut verfehlt haben. Unser verwöhnter Neuzeitkörper hingegen bekommt ein mammutmäßiges, das heißt fett-, zucker- und kohlehydratreiches Angebot an Kalorien, das er in den reiferen Jahren am allerwenigsten braucht.
In Zahlen: Er hat doppelt so viel Fettgewebe wie früher und braucht halb so viel Energie wie früher.
Bei einigen Menschen kann die altersbedingte Zunahme beim Gewicht sogar bis zur Fettleibigkeit ausarten. Eine Studie mit Mäusen hat ergeben, dass ein solch vehementer Gewichtszuwachs und die damit verbundene Typ-2-Diabetes auch im Zusammenhang mit zwei Mutationen des Gens Ankyrin B stehen könnten. Im Moment wird daran geforscht, inwieweit die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar sind und wie Behandlungsmöglichkeiten aussehen könnten.
Doch auch bei milderen Formen des Speckerwerbs möchte man möglicherweise auf die ästhetischen Auswirkungen auf Optik und Haptik sowie die gesundheitlichen Folgen wie Bluthochdruck, Fettleber, metabolisches Syndrom und Diabetes gerne verzichten. Doch wie könnte man die berüchtigten Jahresringe wieder loswerden oder gar nicht erst ansetzen?
Grundumsatz versus Leistungsumsatz
Wenn der Grundumsatz sinkt, muss man den Leistungsumsatz erhöhen. Also – das überrascht uns jetzt nicht wirklich – ist Bewegung im Alter wichtiger denn je. Denn unbewegt altert man nicht in Würde, sondern in Übergewicht und Gesundheitsgefahr.
Wer eine Ader für Askese hat und meint, mit Radikaldiäten könne das Problem gelöst werden, irrt: Hungern vernichtet nicht nur Fett, sondern auch Muskeln, die wichtigen Fettverbrenner. Außerdem schaltet der Körper in den Notfallmodus, versucht so wenig wie möglich zu verlieren und mittels Jo-Jo-Effekt nach der Diät so viel wie möglich wieder draufzupacken.
Hungerkur bringt Unheil nur
Beim Figurmanagement sollte man daher nicht ins andere Extrem verfallen. Starkes Untergewicht kann gesundheitliche Nachteile mit sich bringen. Der hagere Körper hat unter Umständen zu wenig Masse, von der er bei einer längeren Krankheit zehren könnte. Und Fett darf zwar schmelzen, doch Muskeln müssen trainiert und proteinreich gefüttert werden, da sie unter anderem das ältere Skelett stabilisieren müssen.
Frühsport gegen Fett
Ob Spazieren oder Sport – auf die Regelmäßigkeit und das Ausnutzen oder, wenn möglich, moderate Steigern der persönlichen Leistungsgrenze kommt es an. Schön, wenn man sich – zum Beispiel als Ruheständler – die Zeit für seine Trainingseinheiten aussuchen kann. Manche Experten raten auch zur gelegentlichen kleinen Morgen-Ertüchtigung noch vor dem Frühstück. Die Ausschüttung von Adrenalin, während die Insulinproduktion noch nicht angeregt ist, soll den Fettabbau befördern.
Je nach individuellen Vorlieben und Möglichkeiten eignen sich Ausdauersportarten wie Walken, Joggen, Schwimmen oder Radfahren, die mit Extra-Trainingseinheiten für die Fettverbrenner-Muskeln kombiniert werden sollten, zum Beispiel mit Gymnastik, Hanteln oder Geräten. Eine Mischung aus Konditions- und Krafttraining schützt nicht nur vor Altersringen, sondern auch vor Verlust von Knochenmasse. Auch nach krankheitsbedingten Ruhepausen sollten in erster Linie die Muskeln wiederaufgebaut werden.
Sie sporteln bereits und der Hosenbund spannt trotzdem? Sie ahnen es: Die Fettkampagne des älter werdenden Körpers erfordert auch veränderte Ernährungsgewohnheiten. Eine Zurückhaltung bei fett- und kohlehydratreichen Genüssen ist nützlich. Freilich sollte man sich nicht gleich alle Lieblingsgerichte versagen. Aber schauen Sie mal genau hin, was einfach zu ändern sein könnte. Zum Beispiel den allmorgendlichen fetten Frischkäse auf dem Brot durch den mageren körnigen zu ersetzen. Wichtig ist es, eine langfristige Umstellung zu schaffen. Nicht vergessen: Jede Kalorie, die nicht verbraucht wird, wird eingelagert. Bei der Speicherfröhlichkeit des älteren Körpers kann sich das rasch summieren.
Wie kann man hungrige Fettzellen austricksen?
- Den Tag über möglichst viel Wasser trinken, weil dies den Stoffwechsel anregt und ein gewisses Sättigungsgefühl begünstigt
- Vorsicht bei Zucker in jeglicher Form und gesüßten Getränken
- Mal testen, ob die Portion wirklich so groß sein muss (muss sie meist nicht)
- Fertigprodukte meiden und, wenn möglich, mit Liebe und frischen Zutaten kochen
- Sich fürs Einkaufen, Kochen und Essen Zeit nehmen
- Nicht in Kalorienfallen tappen (zum Beispiel Säfte und Smoothies, die vitamin-, aber auch sehr fruchtzuckerreich sind, oder fettarme Produkte, die durch erhöhten Zuckeranteil geschmacklich aufgepeppt wurden)
- Morgens wie ein Kaiser frühstücken und im Laufe des Tages immer weniger essen
- Möglichst nicht snacken, sondern intermittierendes Fasten probieren
- Abends nicht zu spät sowie möglichst proteinreich und kohlehydratarm essen (Abendbrot ohne Brot, aber zum Beispiel mit griechischem Salat)
Natürlich sind all diese Ratschläge zur Reduzierung von Gewicht leichter gesagt als befolgt. Das Älterwerden kann schließlich nicht nur gute Bedingungen für Aktivität und Genuss, sondern auch Krisen und dunkle Momente mit sich bringen. Auch hier gilt: Wenn einem alles zu viel wird, sollte man Trost und Stressabbau möglichst nicht beim Essen, sondern in der Bewegung suchen.
Oder soll man die breiten Jahresringe – um es paradox auszudrücken – doch nicht so eng sehen? Mediales Aufsehen erregte eine dänische Studie, nach der man mit leichtem Übergewicht im Alter auf ein längeres Leben hoffen darf als so mancher Schlanke. Man darf wohl annehmen, am langlebigen „leichten Übergewicht“ der Probanden waren ein gewisser Anteil an Muskeln, wenig Viszeralfett sowie beste medizinische Versorgung beteiligt. Die Methoden der Beobachtungsstudie samt Schlussfolgerung trafen immerhin auf reichliche Kritik.
Auch wenn eine gewisse „Pfundigkeit“ nicht mehr vermeidbar oder gar von Vorteil sein sollte – vielleicht reagieren wir auf das ein oder andere Kilogeschenk des Körpers doch lieber mit einem beherzten „Nein, danke“.
English Version
Weight in old age: Where do these kilos come from?
Oh, you shouldn’t have. Lately the body is always so generous. It gives a kilo of weight for every year of life. And you haven’t changed your lifestyle at all. Where do these kilos come from and how do you get rid of them?
So, it doesn’t sound fair: While we celebrate one birthday after the other, our body is secretly busy with rebuilding. From the fourth decade of life onward, it starts to slow down its metabolism. The goal is to hold on to what it has: mass.
The organism decides on an energy saving programme by reducing muscle mass and building up fat deposits. At first very discreetly: muscles are heavier than fat, so the path to flabbiness is not so noticeable on the scales at first.
But then the scale always reads a bit more.
Hormones leave, pounds arrive
The accomplices in this plot are hormones, once again. When women’s oestrogen levels drop, female fat deposits tend to migrate to the abdominal area. When men’s testosterone levels drop, masculine muscles give way to soft fat rings – preferably in the abdominal area.
Abdominal fat not only shows itself as additional weight and unsightly bulging of subcutaneous tissue, but can also cause harm, especially internally. As a visceral (affecting the intestines) fat mass, it surrounds the organs and can trigger metabolic disorders and inflammatory processes with consequences such as arteriosclerosis, cardiovascular diseases, diabetes or cancer.
But it is not only the departure of sex hormones that counts. As we get older, the growth hormone somatropin also decreases. That’s a pity, because somatropin is a fat destroyer.
Energy saving goal achieved
Now it is becoming increasingly difficult to maintain weight or even lose weight. While muscles burn plenty of calories at rest, the white fat cells are not particularly prone to burning. The body has reached its goal: the basal metabolic rate of energy is reduced and the engine is running on a low flame. This was quite good with the ancestors, so that they would not starve to death if they were still alive at that age and missed the mammoth again. Our spoiled modern body, on the other hand, gets a mammoth supply of calories, i.e. rich in fat, sugar and carbohydrates, which it needs least of all in the mature years.
In numbers: He’s got twice as much fat tissue as before and uses half as much energy as before.
In some people, the age-related increase in weight can even lead to obesity. A study with mice has shown that such a severe weight gain and the associated type 2 diabetes could also be associated with two mutations of the Ankyrin B gene. Research is currently underway to determine to what extent the results are transferable to humans and what treatment options might be available.
However, even with milder forms of fat acquisition, people may wish to avoid the aesthetic effects on appearance and feel as well as the health consequences such as high blood pressure, fatty liver, metabolic syndrome and diabetes. But how could one get rid of the infamous annual rings or not even put them on at all?
Basal metabolic rate versus performance metabolic rate
If the basal metabolic rate decreases, the performance metabolic rate must be increased. So – this does not really surprise us now – exercise in old age is more important than ever. Because if you don’t exercise, you don’t age with dignity, but with overweight and health risks.
Anyone who has a taste for asceticism and thinks that radical diets can solve the problem is mistaken: starvation destroys not only fat, but also muscles, the important fat burners. In addition, the body switches to emergency mode, tries to lose as little as possible and, by means of the yo-yo effect, puts back as much as possible after the diet.
When it comes to figure management, one should therefore not go to the other extreme. Severe underweight can bring health disadvantages with itself. The lean body may not have enough mass to feed on in case of a longer illness. And fat may indeed melt away, but muscles must be trained and fed a protein-rich diet, as they have to stabilize the older skeleton, among other things.
Early morning exercise against fat
Whether walking or sports – it depends on regularity and, if possible, moderate increases in personal performance limits. It’s nice when you – for example as a retiree – can choose the time for your training sessions. Some experts also recommend the occasional little morning exercise before breakfast. The release of adrenaline while insulin production is not yet stimulated is supposed to promote fat loss.
Depending on individual preferences and possibilities, endurance sports such as walking, jogging, swimming or cycling are suitable, which should be combined with extra training units for the fat burning muscles, for example with gymnastics, dumbbells or equipment. A mixture of fitness and strength training not only protects against age-related muscle cramps, but also against loss of bone mass. Even after disease-related rest periods, the muscles should first and foremost be rebuilt.
You already play sports and the waistband is still tight? You guessed it: The fat campaign of the aging body also requires changed eating habits. A restraint in eating foods rich in fat and carbohydrates is useful. Of course, you shouldn’t deny yourself all your favourite dishes right away. But take a close look at what could be easily changed. For example, replacing the fat cream cheese on bread every morning with the lean granular cheese. It is important to create a long-term change. Do not forget: Every calorie that isn’t burned up will be stored. With the storage capacity of the older body, this can quickly accumulate.
How can hungry fat cells be tricked?
- Drink as much water as possible during the day, because this stimulates the metabolism and promotes a certain feeling of satiety
- Caution with sugar in any form and sweetened drinks
- Test if the portion really has to be this big (usually it doesn’t have to be)
- Avoid processed foods and, if possible, cook with love and fresh ingredients
- Take time for shopping, cooking and eating
- Don’t fall into calorie traps (for example juices and smoothies, which are rich in vitamins but also very rich in fructose, or low-fat products that have been spiced up by increased sugar content)
- Have breakfast in the morning like an emperor and eat less and less during the day
- If possible do not snack, but try intermittent fasting
- Do not eat too late in the evening and eat food that is as high in protein and low in carbohydrates as possible (dinner without bread, but with Greek salad, for example)
Of course, all this weight loss advice is easier said than done. After all, getting older can bring not only good conditions for activity and enjoyment, but also crises and dark moments. Here too, if everything becomes too much for you, you should seek comfort and stress reduction not in eating, but in exercise.
Or should the broad annual rings – to put it paradoxically – not be seen so narrow after all? A Danish study, according to which slightly overweight people can hope to live longer in old age than many slim people, caused a media sensation. One may well assume that a certain amount of muscles, little visceral fat and the best medical care were involved in the long-lasting „slight overweight“ of the test persons. The methods of the observational study and its conclusions were met with a great deal of criticism.
Even if a certain number of pounds should no longer be avoidable or even beneficial – perhaps we prefer to react to the one or other kilo gift of the body with a spirited „No, thank you“.
1 Kommentar
Toll geschrieben! Und sehr aufschlussreich