Die einen behaupten, dass Corona nur eine Erfindung ist, die anderen gehen als besorgte Bürger demonstrieren. Sars-CoV-2 bringt Menschen in Aufruhr. Kein Wunder, denn wir stecken alle in einer Pandemie und müssen Gebote zum Infektionsschutz beachten. Dazu gibt es Pläne von „oben“. In gewisser Weise fühlt sich diese Ausnahmesituation an wie eine totale Institution. Und jetzt wollen viele Jack Nicholson sein: Denn einer flog über das Kuckucksnest.
Totale Institution ist ein Begriff aus der Soziologie. Er bezeichnet „geschlossene Welten“. Der kanadische Soziologe Erving Goffman hat in seiner wegweisenden Publikation Asylums. Essays on the Social Situation of Mental Patients and other Inmates empirisch untersucht, wie sich die Eigenschaften und Strukturen von abgegrenzten Einrichtungen auf die Insassen auswirken.
Seine Thesen bezogen sich nicht nur auf psychiatrische Anstalten. Die totale Institution kann auch ein Gefängnis sein, eine Kaserne, ein Internat, ein Kloster oder ein Alten- oder Kinderheim. Auch die totale Institution Schiff wurde anhand von Goffmans Erkenntnissen untersucht.
Vom Schiff ist es nicht weit zum Boot, in dem wir gerade alle sitzen. Unsere geschlossene Welt ist Corona. Es könnte sein, dass sich viele vorkommen, als säßen sie in einer riesigen Coronanstalt.
Dazu muss man sich die vier Merkmale der totalen Institution nach Goffman ansehen:
- Alle Angelegenheiten des Lebens finden an ein und derselben Stelle (Pandemie!) unter ein und derselben Autorität (Gefahr für Leib und Leben!) statt.
- Die Mitglieder der Institution (Gesundheitsgefährdete!) führen alle Phasen ihrer täglichen Arbeit in unmittelbarer Gesellschaft einer großen Gruppe von Schicksalsgenossen aus.
- Alle Phasen des Arbeitstages sind exakt geplant (Homeoffice!), eine geht zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt in die nächste über (Selbstisolation!), und die ganze Folge der Tätigkeiten wird von oben durch ein System explizierter formaler Regeln (Corona-Vorschriften des Bundes und der Länder!) und durch einen Stab von Funktionären (Politiker!) vorgeschrieben.
- Die verschiedenen erzwungenen Tätigkeiten werden in einem einzigen rationalen Plan (aktuelle Corona-Ordnung!) vereinigt, der angeblich dazu dient, die offiziellen Ziele der Institution (Eindämmung!) zu erreichen.
Oder anders ausgedrückt: Wir sind aus der „Normalität“ ausgesperrt und in die Coronanstalt eingeschlossen.
Und das in einer Gesellschaft des Individualismus und der persönlichen Freiheit sowie der allgemeinen Entschlossenheit, beides nicht so leicht aufzugeben. Das kann ja nicht gutgehen. Einwände, dass die Beschränkungen nur temporär sein könnten, beruhigen da kaum.
Das Dumme ist nur, dass viele der Jack Nicholsons in der Coronanstalt mit ihrem „Freigeist“ das Leben von Menschen in echten Institutionen wie Alten- und Pflegeheimen gefährden.
Wir fanden den Film toll und hatten viel Sympathie für den subversiven Kämpfer gegen das Establishment. Doch vielleicht sollte man bedenken, dass die Coronanstalt mit dem Impfstoff obsolet ist. Dass die totale Institution Corona möglichst bald entinstitutionalisiert ist, wollen wir alle stark hoffen.