Reparieren – Keine Angst vor dem Lötkolben

Reparieren

Kaputtes wieder „in die Reih machen“. Das konnte der gutherzige Tüftler Klaus-Dieter aus Peter Kurzecks autobiografischem Roman „Vorabend“ so gut, dass das ganze oberhessische Dorf zu ihm kam. Denn jeder hatte in der Nachkriegszeit etwas in die Reih zu machen. Heute wird weggeworfen und neu gekauft.

Doch es gibt sie wieder, die Klaus-Dieters. Zu finden in den Repair Cafés. Dort wird etwas gelebt, was offenbar mehr ist als ein Trend: Reparieren als Protest gegen die Wegwerfkultur oder einfach, weil man’s kann.

Was passiert im Repair Café? Ehrenamtliche Reparateure und Reparateurinnen bieten ihre handwerklichen Fertigkeiten samt Werkzeug den Café-Besuchern an, die ihr defektes Elektrogerät, gerissenes Shirt, zerbrochenes Spielzeug, angeknackstes Möbel etc. nicht wegwerfen wollen. Auch der alte Laptop ist vielleicht noch zu retten. Schrott und Müll sollen warten.

Obsoleszenz, nein danke

Die Motive der Reparatur-Befürworter können unterschiedlich sein. Man mag sich von lieb gewordenen Sachen nicht trennen. Man ärgert sich über die offensichtliche eingebaute Obsoleszenz, jene Herstellerstrategie, die durch Sollbruchstellen eines Produkts den raschen Neukauf anregen will. Manche kommen wegen ihrer grundsätzlichen Haltung zum großen Ganzen: Die Erde können wir auch nicht wegschmeißen und eine neue kaufen.

Hilfe zur Selbsthilfe
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Doch: Den kaputten Toaster abgeben, reparieren lassen und später abholen ist nicht. Es geht um Gemeinsamkeit, Zeigen und Lernen. Das eigentliche Prinzip ist Hilfe zur Selbsthilfe. Nach dem Besuch des Repair Cafés weiß so mancher, was sich hinter WD40 verbirgt. Oder wie man die Kaffeemaschine einer bestimmten Marke – eine gute Bekannte im Café – wieder zum Kaffeekochen bringt. Oder man traut sich zum ersten Mal im Leben etwas zu löten. Wer jedoch gar kein Händchen fürs Basteln hat, ist herzlich eingeladen einfach zuzugucken. Und den Helfern mit den goldenen Händen angemessen Respekt zollen darf man sicher auch.

Café-Gründer werden unterstützt

Die Idee zum veranstalteten Reparieren statt Wegwerfen stammt von der Niederländerin Martine Postma, die 2009 in Amsterdam den ersten Treff fürs Reparieren gründete. Die Aktion traf offenbar den Nerv der Zeit und entwickelte sich zu einer Bewegung, die sich weltweit ausbreitet. Vor diesem Hintergrund wurde die niederländische Non-Profit-Organisation „Stichting Repair Café“ ins Leben gerufen. Dort können sich lokale Initiativen in aller Welt, die ein eigenes Repair Café eröffnen wollen, Unterstützung holen.

Doch zum Profi?
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Ins Café kommen oft Menschen, denen beim Kundendienst des Herstellers oder in der Werkstatt gerade versichert wurde, dass Reparieren nicht mehr lohnt. Sie hätten den defekten Gegenstand also ohnehin weggeworfen. Damit verwehrt sich die Repair-Café Community auch gegen den Vorwurf, dem professionellen Handwerk Konkurrenz zu machen.

Manchmal erhalten die Profis sogar Kundschaft aus dem Café. Bei komplizierten Fällen und teuren Ersatzteilen verweisen die ehrenamtlichen Reparateure nämlich an die Fachwerkstatt. Wenn jemand erst einmal zur Reparatur entschlossen ist, nimmt er diese Kosten oft in Kauf. Schließlich geht es weniger ums Geld sparen als ums Prinzip.

Wo geht’s zum Reparier-Café?

Informationen zum Besuch, Mitmachen, Unterstützen oder Gründen eines Repair Cafés finden Sie hier.

Und weil es nicht Repair-Schuppen, -Bude, -Garage, -Werkstatt, sondern Repair Café heißt, gibt es nicht nur die Rettung kaputter Sachen, sondern auch das muntere Miteinander bei Kuchen und Kaffee. Damit wird sogar die Laune wieder in die Reih gemacht.

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