„Dieses Buch wird Ihr Leben verändern,“ tönt es aus der Werbung, manchmal tut dies aber nicht das Buch, sondern der Literaturkreis, in dem das Buch gelesen wird. Im Literaturkreis dreht es sich nämlich nicht nur um Bücher, sondern auch um Miteinander, Austausch, Motivation, gute Laune und oft genug um gutes Essen.
Wenn Cool Ager den Berufs- und Familienstress hinter sich und mehr Zeit zum Lesen vor sich haben, können sie entweder ihre Lektüre im stillen Kämmerlein und ihre Meinung im Oberstübchen verwahren oder sich mit anderen treffen, um darüber zu reden.
Wie finde ich einen Lesekreis?
Ist es Ihnen nicht auch schon so ergangen: Sie haben ein Buch gelesen, das Ihnen gefallen hat oder das Sie bewegt hat, und Sie möchten unbedingt, dass es der/die andere auch liest, um dessen/deren Meinung zu hören? Wenn Sie dieses Gefühl öfter haben, sind Sie in einem Literatur- oder Lesekreis genau richtig.
Am Anfang steht die Suche nach einem derartigen Zirkel aus mitteilungswilligen Literaturinteressierten. Man kann einem öffentlichen Literaturkreis zum Beispiel in der Kirchengemeinde, Volkshochschule, Buchhandlung, Bücherei oder im Literaturhaus beitreten, wo sich die Mitglieder regelmäßig in den entsprechenden Örtlichkeiten treffen. Nach freien Plätzen und Konditionen erkundigt man sich am einfachsten direkt beim Anbieter.
Darüber hinaus sind zahlreiche Literaturkreise aus privater Initiative entstanden. Hier gestaltet sich der Einstieg für Neumitglieder schwieriger. Man kann sich bei Freunden und Bekannten umhören oder im Internet nach „Vakanzen“ in Lesekreisen der Umgebung suchen.
Bunte Mischung
Meist treffen sich die Lesebegeisterten privater Literaturkreise abwechselnd bei einem der Mitglieder. Oft wird dabei gemeinsam gegessen und getrunken. Manche Kreise bestehen aus Freunden und Bekannten, manche nehmen auch Fremde auf, die dann zu Freunden werden können, oder auch nicht. Persönlichkeit und Meinungen der Gruppenmitglieder mögen zwar unterschiedlich sein, doch eint alle das Interesse an Geschriebenem, das gemeinhin als Literatur gilt.
Obwohl die Wahrnehmung eines Buches als gut oder schlecht subjektiv ist, werden doch gewisse Ansprüche an die Kunstfertigkeit des Autors im Umgang mit Sprache, Aufbau und Inhalt gestellt. Dabei ist es gerade die gemeinsame Diskussion über Feinheiten und persönliche Entdeckungen, die das, was die Faszination eines Buches ausmacht, möglicherweise erst ins Bewusstsein bringt.
Auf sogenannte triviale Lektüre vom Kitschroman bis zum Regional-Krimi muss man beim Langstreckenflug oder am Urlaubspool nicht verzichten, im Literaturkreis in der Regel schon. Wobei die Genres – je nach Geschmack und Intention der Lesegruppe – durchaus unterschiedlich sein dürfen. Das heißt, dass auch mal ein intelligenter Krimi, ein Klassiker, ein Sachbuch, eine Biografie oder ein Gedichtband gelesen und diskutiert werden. Die Auswahl der Bücher treffen die Mitglieder in der Regel gemeinsam aus einer Reihe von Vorschlägen.
Selber gründen
Keinen passenden Lesekreis gefunden? Das ist kein Grund aufs gemeinsame Lesen zu verzichten. Sie können ja selbst einen Literaturkreis gründen. Fragen Sie im Freundes- und Bekanntenkreis; Interessierte bringen vielleicht weitere potentielle Mitglieder mit. Oder Sie machen einen Aushang in der öffentlichen Bibliothek oder Buchhandlung. Als Gruppengröße haben sich 8 bis 10 Personen bewährt, da sich der Kreis erfahrungsgemäß nicht immer vollzählig trifft. Am Anfang sollte die Gruppe ein paar Regeln festlegen:
- Wann, in welchen Abständen (zum Beispiel alle vier Wochen), wie regelmäßig und wie lange sollen die Treffen stattfinden?
- Soll man sich reihum bei den Mitgliedern zuhause oder lieber im Café oder Restaurant zusammenfinden?
- Wie möchte man die Zusammenkunft gestalten? Wie wichtig ist ein Essen vorher, nebenbei oder nachher?
- Wie soll die Diskussion ablaufen? Übernimmt jemand die Rolle des Moderators/der Moderatorin?
- Gibt es bestimmte Aspekte, unter denen man jedes Buch beurteilen sollte, zum Beispiel nicht nur Handlung und Inhalt, sondern auch formale Kriterien wie Aufbau und Stil?
- Soll jemand etwas zur Biografie des Autors oder zum geschichtlichen oder kulturellen Hintergrund der Handlung recherchieren?
- Will man gemeinsam Rezensionen besprechen?
Anregungen für den Lesestoff
Bleibt die Frage: Was lesen wir? Buchtipps gibt es online oder klassisch analog. Gute Quellen sind:
- Literaturteil und Bestsellerliste in Zeitung und Zeitschriften
- Literatursendungen im Fernsehen
- Engagierte Buchhändler
- Andere Literaturkreise, die ihre Empfehlungen im Internet veröffentlichen
Geeignete Buchvorschläge und viele Tipps, zum Beispiel zur Organisation und Bücherdiskussion, bietet eine ausführliche Online-Plattform speziell für Lese- und Literaturkreise im deutschsprachigen Raum.
Gezielt an Literaturkreise richten sich auch manche Verlage mit einem Website-Portal, in dem sie ihre Bücher samt Hintergrundinformationen vorstellen.
Aktivitäten rund ums Buch
Ist die Leserunde richtig in Schwung, sind weitere Aktivitäten rund ums Buch denkbar. Man kann Buchblogs recherchieren, lesen und bewerten, Literatursendungen besprechen oder zusammen Literaturverfilmungen im Kino oder als Video ansehen. Es gibt Lesegruppen, die sogar an Handlungsorte ihrer Lieblingsbücher reisen. Darüber hinaus sind Spezialkreise denkbar, die sich mit einer engeren Thematik befassen, zum Beispiel nur mit englischsprachigen Büchern oder, noch enger gefasst, nur mit Werken nordamerikanischer Autoren.
Apropos nordamerikanisch: In ihrem Roman „The Jane Austen Book Club“ beschreibt die US-Autorin Karen Joy Fowler eine amüsante Mischung aus den Erlebnissen einiger Literaturkreis-Mitglieder und den parallelen Inhalten ihrer bevorzugten Bücher. Heute mal keine Lust auf Lesen? Gibt’s auch als Film auf DVD oder im Streaming-Portal …