In der zweiten Lebenshälfte und noch jede Menge Wünsche offen? Dann geben Sie Ihrer Selbstverwirklichung einen neuen Schubs! Vielleicht wollen Sie endlich abnehmen, Sport machen, ein ersehntes Projekt durchziehen, eine persönliche Beziehung verbessern. Setzen Sie sich jetzt ein Ziel! Aber mit der richtigen Motivationstechnik, damit der Weg dorthin nicht versandet. Die Psychologin Gabriele Oettingen und ihr wissenschaftliches Team präsentieren eine Methode zur Zielerreichung, bei der schon der Name in Schwung bringt: WOOP. WOOP sei eine unkomplizierte, kostenfreie und vor allem wirksame Strategie für den persönlichen Erfolg. Könnte auch für Cool Ager nützlich sein.
Positives Denken reicht nicht
Denn wie oft ist man schon hochmotiviert losgeprescht und doch nie angekommen. Das könnte am falschen Motivationsinstrument liegen. Positives Denken galt lange als das Mittel der Wahl: Man sollte sich intensiv in seine Wünsche hineinträumen, damit sie sich schließlich wie von selbst erfüllen. Dass und warum das positive Denken ein hohes Risiko des Scheiterns birgt, hat Oettingen in einer Vielzahl von Studien herausgefunden. Den Untersuchungen zufolge haben rein positiv denkende Abnehmwillige, Reha-Patienten oder Studiumabsolventen weniger Gewicht verloren, Genesungsfortschritte gemacht oder beruflich reüssiert als diejenigen, die auch negative Gedanken zuließen. Die Erklärung: Pure Zukunftsträume packen die Menschen in Watte und mindern die Energie, die für die Erreichung anstrengender komplexer Ziele nötig ist.
WOOP
Dabei haben die Psychologen gar nichts gegen schöne Zukunftsfantasien. Sie müssten nur kontinuierlich mit der Realität kontrastiert werden. Auf dieser Erkenntnis basiert die mentale Strategie WOOP. Das Wort setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Faktoren zusammen, die man sich zur Erfüllung bestimmter Wünsche vorstellen soll: Wish, Outcome, Obstacle, Plan.
Wish
Erstens geht es um den Wish. Sie fragen sich: „Was ist mein Wunsch? Was hätte ich wirklich gern?“ Die Antwort könnte sein: „Ich will von nun an wirklich regelmäßig Sport treiben.“
Outcome
Zweitens stellen Sie sich den Outcome, das Ergebnis, vor. Dabei dürfen Sie sich Ihre Zukunftsträume in den schönsten Farben ausmalen: „Was wäre das Schönste und Beste, wenn sich mein Wunsch erfüllen würde?“ Imaginieren Sie, wie Sie sich dabei fühlen. Sie könnten beispielsweise in den Visionen schwelgen, wie gut Sie sich nach dem Sport fühlen, wie andere Ihren schlankeren, vitaleren Körper bewundern oder wie die regelmäßige Bewegung Ihr Wohlbefinden und Ihre gesundheitlichen Zukunftsprognosen fürs Alter noch mehr verbessert, falls Sie bereits auf gesunde Ernährung achten.
Obstacle
Drittens fragen Sie sich nach dem Obstacle, dem Hindernis. Sie gehen tief in sich, während Sie sich das Hindernis in Ihnen vorstellen: „Was hält mich davon ab, mir diesen Wunschtraum zu erfüllen? Welche Gewohnheiten oder Gefühle stehen meinem Handeln im Weg?“ Bei Ihrer Gedankenreise könnten Sie zum Beispiel auf den Umstand stoßen, dass Sie zu Ihrer optimalen Sportzeit am späten Nachmittag immer den Rechner einschalten, um die E-Mails zu beantworten, die sich im Laufe des Tages angesammelt haben. Oder dass Sie Ihre sportlichen Aktivitäten solange Ihren täglichen Verrichtungen hintanstellen, bis Sie körperlich zu erschöpft sind. Oder dass Sie Ihre Lieblingsserie im Fernsehen verfolgen und dann keine Zeit mehr für den Sport haben.
Plan
Viertens wird es, wenn Sie Ihr persönliches inneres Hindernis imaginiert haben, Zeit für den Plan. Stellen Sie sich ein Verhalten vor, um dieses Hindernis zu überwinden. Formulieren Sie dieses Verhalten in einem Wenn- dann-Satz: „WENN ich nach meinen E-Mails sehen will, DANN mache ich zuerst eine Runde Nordic Walking.“ „WENN ich nach der Betreuung der Enkel noch die Wäsche bügeln will, DANN mache ich lieber Gymnastik.“ „WENN die Nachmittagsserie gesendet wird, DANN schalte ich auf Aufnahme und verlasse das Haus für eine kleine Fahrradtour.“
Kontrastieren mit der Realität
Die Wissenschaftler nennen diese Methode „Mental Contrasting with Implementation Intentions“. Beim mentalen Kontrastieren entstehen unbewusste Effekte durch eine metakognitive Strategie. Das soll heißen, dass Sie Ihr eigenes Denken benutzen, um Ihre künftigen Denkabläufe zu beeinflussen.
Beispiel: Eine eigentlich neutrale Aktivität wie das Checken der E-Mails oder das Gucken von TV-Serien bekommt eine neue Bedeutung, nämlich die Bedeutung des Hindernisses. Idealerweise tauschen Sie beispielsweise das Einschalten eines elektronischen Geräts automatisch mit dem Zuschnüren Ihrer Laufschuhe.
Wünsche richtig einschätzen
Mithilfe von WOOP sollte es Ihnen auch leichter fallen, Ihre Wünsche realistisch einzuschätzen. Beim Imaginieren des Obstacle haben Sie den Kern des Problems gefunden. Kommen Sie zur Erkenntnis, dass ein Hindernis aus bestimmten Gründen dauerhaft unüberwindbar ist, können Sie sich leichter von Ihrem Wunsch distanzieren.
Reihenfolge einhalten
Zum Üben und Anwenden der WOOP-Methode gibt es eine kostenlose Website und App. Obwohl die Technik leicht anzuwenden ist, weisen ihre Erfinder darauf hin, dass man dabei auch was falsch machen kann. Beispielsweise, indem man die beiden Os vertauscht. Wenn zuerst das Obstacle und dann der Outcome imaginiert werden, würde die Methode nicht funktionieren.
In Oettingens Buch „Psychologie des Gelingens“ kann man die Forschungsergebnisse und empfohlenen Verhaltensmethoden zur besseren Selbstverwirklichung und Selbst-Motivation ausführlich nachlesen. WOOP soll sich zur Erfüllung großer, aber auch kleiner Wünsche und zur Erreichung langfristiger, aber auch kurzfristiger Ziele eignen.
Haben Sie sich für morgen ein bestimmtes Projekt vorgenommen? Vielleicht wuppen Sie es, indem Sie es WOOPen. Probieren Sie es einfach aus.