Kinderfotos posten – warum man es einfach nur lassen sollte

Guck mal: der Tom auf dem Töpfchen, wie süß! Und da: die Anna im Rüschenhöschen, wie witzig! Kinderfotos steckte man früher ins Fotoalbum oder in die Post, auf dass sie ein paar Menschen liebevoll betrachteten. Heute kommunizieren nicht nur Eltern, sondern auch viele Großeltern digital und schicken Kinderbilder durch die sozialen Medien. Da schauen – potentiell – Menschen in der ganzen Welt darauf. Nicht alle davon liebevoll.

Dabei sind wir doch so stolz auf und glücklich über die Kleinen, dass wir es allen zeigen wollen. Hier folgen ziemlich gute Gründe, über die auch Großeltern vor dem Abschicken des Kinderfoto-Posts so lange nachdenken dürfen, bis der Finger von der Eingabetaste zurückzuckt.

1. Sie missachten die Rechte Ihres Enkelkinds

„Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben … oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.“

So steht es in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen, seit 1992 auch in Deutschland in Kraft. Das heißt nichts Geringeres, als dass der Schutz der Privatsphäre und Ehre von Kindern gesetzlich in einem Menschenrechtsvertrag verankert ist.

In den sozialen Medien gibt es zwar Suchalgorithmen, die bestimmte Fotos identifizieren und zensieren. Entwürdigende Kinderfotos gehören nicht dazu. Auch wenn sie auf dem Account des Erstveröffentlichenden wieder gelöscht wurden, können sie bereits vielfach gesehen, kopiert, gespeichert, geteilt und ewig im Netz unterwegs sein.

Wer kann schon die Wege seiner Posts genau verfolgen, selbst wenn er die Sicherheitseinstellungen seiner Konten in den sozialen Medien auf nicht öffentlich oder privat geändert hat?

Kinderfotos

Ja, aber das ist doch harmlos, das sind doch nur Kinder? Im Gegensatz zu ihren Großeltern haben Tom auf dem Töpfchen und Anna im Höschen noch viele Lebensjahre vor sich. Und werden schlimmstenfalls diesen „privaten“ Fotos in der Öffentlichkeit immer wieder begegnen.

Manchmal reicht einfach ein Perspektivenwechsel. So haben sich die Bloggerin Toyah Diebel und der Schauspieler Wilson Gonzalez Ochsenknecht in typischer Kinderbildmotiv-Manier fotografieren lassen, zum Beispiel:

  • schlafend mit Sabberfaden im Mundwinkel
  • hemmungslos heulend
  • mit breiverschmiertem Gesicht
  • nackt auf dem Töpfchen

„So ein Bild von Dir würdest Du nicht posten?“ fragen sie den Betrachter und geben die Antwort mit dem Titel Ihrer Kampagne Dein Kind auch nicht.

Dabei muss das Motiv gar nicht so überspitzt sein. Ein dämlicher Gesichtsausdruck würde völlig reichen.

2. Sie erschaffen nach Ihrer Vorstellung eine Identität Ihres Enkelkinds im Netz

Wie finden Sie es, wenn Familienmitglieder, Freunde, Bekannte oder gar Fremde Fotos im Netz posten, auf denen Sie (mit) drauf sind? Ohne Sie zu fragen natürlich.

Auch Kinder haben ein Recht auf das eigene Bild. Aber erst ab 14 Jahren haben sie auch das Recht, dies einzuklagen. Selbst wenn Sie Ihren dreijährigen Enkel höflich nach seiner Zustimmung fragen, haben Sie mit dem Posting seines Fotos bereits einen digitalen Fußabdruck geschaffen.

Rechtlich problematisch ist auch die Veröffentlichung von Bildern, auf denen Ihr Enkelchen mit Spielgefährten zu sehen ist. Falls deren überraschte Eltern ganz und gar nicht damit einverstanden sind, kann Ihr putziges Gruppenbild zu einer Abmahnung und mehreren tausend Euro Bußgeld ausarten.

3. Sie setzen Ihr Enkelkind unbekannten Gefahren aus

Für Nutzer von sozialen Medien wie Facebook und Instagram gibt es laut Datenschutz-Grundverordnung der EU ein Mindestalter von 16 Jahren. Ein digitales Profil haben die fotografisch ins Netz gebrachten Kinder aber längst vorher. Um so mehr, wenn noch Namen oder Orte genannt werden.

Über Bilder und Informationen freuen sich nicht nur jene, die sie zu Werbezwecken vermarkten, sondern auch die anonymen Zuschauer, die sie mit ganz anderen Augen betrachten.

Arglos veröffentlichte Fotos von Kindern in unterschiedlichsten Aufmachungen und Kontexten, die Wohlmeinende nur süß und amüsant finden, können in pädophilen Kreisen dankbare und an entsprechende Vermarkter zahlende Abnehmer finden.

Besonders groß ist die Gefahr des Missbrauchs, wenn Kinderfotos inszeniert sind. Dabei handelt es sich nicht um „natürliche“ Schnappschüsse, sondern um Motive mit eigens ausgedachten Ausstaffierungen und Posen des Kindes.

Darf man denn gar kein Kinderfoto mehr posten?

Das Deutsche Kinderhilfswerk warnt seit Längerem vor den unangenehmen und riskanten Folgen, die das Posten von Kinderfotos haben kann. Für alle, die es sich dennoch nicht nehmen lassen möchten, hält die Organisation für Kinderrechte einige Tipps bereit:

Kinderfotos
  • Das Kind einbeziehen. Dabei darf man sich allerdings fragen, ab welchem Alter und ob überhaupt ein Kind über seine digitalen Belange und die Wirkung von Kinderfotos urteilen kann.
  • Personenbezogene Informationen vermeiden. Das Foto sollte so anonym wie möglich sein, also ohne Kommentare mit Hinweisen auf Identität, Familie, Wohnort und Umfeld wie Kindergarten, Schule, Verein etc. des Kindes.
  • Sicherheit- und Privatsphäreeinstellen des Social Media-Anbieters auf so privat wie möglich ändern und auf Aktualisierungen achten
  • Kinder immer bekleidet und nie in offenherzigen, peinlichen, an den Pranger stellenden Situationen zeigen
  • Niemals das Gesicht des Kindes zeigen. Dafür gibt es diverse Möglichkeiten: das Kind von hinten zeigen, das Gesicht durch Pixel oder Emojis unkenntlich machen.
  • Als Vorbild handeln. Wie soll man dem heranwachsenden Kind einen Leitfaden für die sichere Nutzung des Internets geben, wenn man selber gedankenlos damit umgeht?

Was leicht vergessen wird: Selbst die strengsten Privateinstellungen Ihres Social Media Kontos nützen nichts, wenn wohlmeinende Verwandte und Freunde aus Ihrem exklusiven Adressatenkreis Ihre handverlesen geposteten Fotos großzügig weiterleiten – mit weniger strengen Datenschutzeinstellungen. Dieses Risiko besteht auch bei auf den ersten Blick weniger öffentlichen Übermittlungswegen wie What’sApp oder E-Mail.

Ein weiterer Rat lautet daher: Bitten Sie die Adressaten der Fotos um Diskretion.

Für versierte Internetnutzer:

  • Sie können Bilder auch über eine Software zum verschlüsselten Filehosting beziehungsweise Filesharing übermitteln, auf die Sie dem Empfänger Ihrer Fotosendung Zugriff gewähren.
  • Falls Sie eine eigene Website haben, können Sie Fotos Ihrer Lieben dort ebenfalls etwas privater verbreiten. Zum Beispiel mit Passwort in einem geschützten Bereich.

Alle genannten Fakten und Tipps gelten selbstverständlich auch für Videos.

Ein guter Tipp könnte aber auch diese Vorgehensweise sein: Wenn Sie gerade planen, ein Kinderfoto zu posten, stellen Sie sich vor, Ihr Enkelkind ist bereits erwachsen und Sie erklären ihm jetzt, warum Sie dieses Bild von ihm veröffentlichen.

Dieser Artikel gibt lediglich Tipps zu einigen rechtlichen Themen. Er ersetzt in keiner Weise die Beratung und Vertretung durch eine Anwältin oder einen Anwalt.

English Version

Posting children’s photos – why you should simply not do it

Look: Tom on the potty, how cute! And there: Anna in her frilly panties, how funny! Children’s photos used to be put in photo albums or in the post, so that a few people would look at them lovingly. Today not only parents but also many grandparents communicate digitally and send children’s pictures through social media. There are – potentially – people all over the world looking at them. Not all of them lovingly.

But we are so proud and happy about the little ones that we want to show them all. Here are some pretty good reasons, which also grandparents – before sending the children’s photo post – can think about until their finger flinches from the enter key.

1. You disregard the rights of your grandchild

„No child shall be subjected to arbitrary or unlawful interference with his or her private life … or unlawful interference with his or her honour and reputation“.

This is stated in the United Nations Convention on the Rights of the Child, which has also been in force in Germany since 1992. This means nothing less than that the protection of the privacy and honour of children is legally anchored in a human rights treaty.

In social media there are search algorithms that identify and censor certain photos. Degrading children’s photos are not among them. Even if they have been deleted from the account of the person who first published them, they can already have been seen, copied, saved, shared many times and then travel around the web forever.

Who can accurately track the paths of their posts, even if they have changed the security settings on their social media accounts to non-public or private?

Yeah, but it’s harmless, they’re just kids, right? In contrast to their grandparents, Tom in the potty and Anna in the panties still have many years of life ahead of them. And in the worst case scenario, they will repeatedly encounter these „private“ photos in public.

Sometimes a simple change of perspective is quite sufficient. For example, blogger Toyah Diebel and actor Wilson Gonzalez Ochsenknecht had themselves photographed in typical children’s picture motif style:

  • sleeping with drool thread in the corner of the mouth
  • weeping without restraint
  • with pap in the face
  • naked on the potty

„You wouldn’t post such a picture of yourself?“ they ask the viewer and give the answer with the title of their campaign Neither does your child.

The motif does not have to be exaggerated. Just a stupid look on the face would do.

2. You create according to your own imagination an identity of your grandchild in the net

How do you like it when family members, friends, acquaintances or even strangers post photos on the net with you in them? Without asking you of course.

Children also have a right to their own image. But only from the age of 14 do they also have the right to sue for this. Even if you ask your three-year-old grandchild politely for his or her consent, you have already created a digital footprint by posting his or her photo.

Legally problematic is also the publication of pictures showing your grandchild with playmates. If their surprised parents do not agree with this at all, your cute group picture can result in a warning and several thousand euros in fines.

3. You expose your grandchild to unknown dangers

For users of social media such as Facebook and Instagram there is a minimum age of 16 years according to the General Data Protection Regulation of the EU. However, children who have been photographed online have a digital profile long before that. All the more so if names or places are added.

Images and information are not only enjoyed by those who market them for advertising purposes, but also by anonymous viewers who look at them with completely different eyes.

Unsuspectingly published photos of children in a variety of styles and contexts, which well-meaning people only find sweet and amusing, can find grateful and paying customers in paedophile circles.

The danger of abuse is particularly high when children’s photos are staged. These are not „natural“ snapshots, but motifs with specially devised decorations and poses of the child.

Are you no longer allowed to post a child’s photo?

The German Children’s Charity has been warning for some time now about the unpleasant and risky consequences of posting children’s photos. For all those who do not want to miss the opportunity, the organisation for children’s rights has some recommendations:

  • Involve the child. However, one may ask at what age and whether a child can judge about his or her digital concerns and the effect of children’s photos at all.
  • Avoid personal information. The photo should be as anonymous as possible, i.e. without comments with references to the child’s identity, family, place of residence and environment such as kindergarten, school, club etc.
  • Change the social media provider’s security and privacy settings to as private as possible and watch for updates
  • Always dress children and never show them in open-hearted, embarrassing, pillorying situations
  • Never show the child’s face. There are several ways to do this: show the child from behind, make the face unrecognizable by pixels or emojis.
  • Act as a role model. How are you supposed to give the growing child a guideline for the safe use of the Internet if you handle it thoughtlessly yourself?

Which is easily forgotten: Even the most restrictive privacy settings on your social media account won’t help if well-meaning family and friends from your exclusive audience generously share your handpicked posted photos – with less stringent privacy settings. This risk also exists with what at first glance appear to be less public delivery methods such as What’sApp or email.

Another advice is therefore: Ask the addressees of the photos for discretion.

For experienced Internet users:

  • You can also transfer images using encrypted file hosting or file sharing software that you grant the recipient of your photo transmission access to.
  • If you have your own website, you can also distribute photos of your loved ones there in a more private way. For example with a password in a protected area.

All facts and tips mentioned are of course also valid for videos.

But a good tip could also be this procedure: If you are just planning to post a child’s photo, imagine your grandchild is already grown up and you are now explaining to him or her why you are posting this picture of him or her.

This article only gives tips on some legal issues. It in no way replaces the advice and representation by a lawyer.

2 Kommentare

Liebe Rita, danke, das ist ein wertvoller Hinweis! Ich bin nicht so fit mit den Begriffen in Bezug auf Social Media. Wie definiert man“posten“? Ist damit auch das elektronische Verschicken von Fotos an bestimmte Personen gemeint, beispielsweise an die Eltern per E-Mail oder WhatsApp? Kannst Du für diesen Fall sicherere Kommunikationswege empfehlen? Danke und viele Grüße!

Ich bin keine IT-Expertin, wage aber, Folgendes zu sagen: Gepostete, also veröffentlichte Fotos bei sozialen Medien wie Facebook und Instagram können von vorneherein relativ einfach von Fremden angesehen und kopiert werden. Das ist insbesondere bei Profilfotos der Fall und bei den oft laschen Einstellungen zu Sicherheit und Privatsphäre. Bei dem Messenger-Dienst What’sApp hingegen ist wohl schon ein richtiger Hack nötig, um Fotos abzugreifen. Denn die Nachrichten, auch Fotos, werden von Ende zu Ende verschlüsselt und seien angeblich schwer zu hacken. Man macht es Hackern allerdings leichter, wenn man zum Versenden ein öffentliches WLAN ohne Passwort benutzt. E-Mails werden oft mit Postkarten verglichen. Wer es schafft, sie auf dem Weg über diverse Server abzufangen, kann sie lesen. Dagegen hilft nur die Verschlüsselung der E-Mail. Aber unergründliche Wege gehen Fotos hier auf viel simplere Weise. Schließlich hat man keinen Einfluss darauf, ob, wohin und wie oft die What’sApp Message oder die E-Mail weitergeleitet werden. Fazit: Das Risiko bei sozialen Medienplattformen ist vielleicht größer als bei Messenger und E-Mail. Doch Risiken bergen letztere auch. Statt über Social Media, eine App oder E-Mail kann man Daten auch über eine verschlüsselte Verbindung (Filehosting-Provider/Cloud-Dienst) austauschen, wobei auch eine derartige Verbindung letztlich unsicher sein kann. Der sicherste Transport eines Fotos dürfte immer noch der im verschlossenen Briefumschlag sein.

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