Achtsamkeit – Ohne Stress in die besten Jahre

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Mit 60 plus hat man naturgemäß schon einiges auf dem Buckel: die Sorgen um die Lieben, den Stress im alltäglichen Leben, gesundheitliche Probleme vielleicht. Bevor wir immer mehr zu den Atlanten der Lebenslast werden, sollten wir uns fragen: Ist es nicht endlich Zeit, sich intensiv um sich selbst zu kümmern, so richtig nett zu sich selbst zu sein? Spätestens jetzt kommen wir nicht mehr vorbei am Lieblingsthema vieler Psychologen und Life Coaches: Achtsamkeit.

Selbstachtsamkeit

Mit Achtsamkeit, so heißt es, können wir eine innere Ruhe finden, gelassener werden, eingefahrene Muster verlassen, im Hier und Jetzt mehr Lebensfreude empfinden. Doch was soll das eigentlich sein, diese Achtsamkeit? Sind wir nicht alle automatisch achtsam, wenn wir beispielsweise Auto fahren, über die Straße gehen oder ein Baby auf dem Arm halten? 

Vielleicht wäre der Bewusstseinszustand, um den es hier geht, noch besser beschrieben mit dem Wort Selbstachtsamkeit. Gemeint ist eine besondere (nicht wertende) Aufmerksamkeit für die eigene Person. Der englische Begriff ist mindfulness.

Stopp dem Kopf-Karussell

Im Karussell des Alltags dreht sich vieles gleichzeitig:

  • Unter der Dusche denken wir schon an den nächsten Zahnarzttermin.
  • Beim Essen lesen wir das Schreiben vom Finanzamt durch.
  • Im Auto überlegen wir, dass heute noch dringend der Urlaub gebucht werden muss.

Gleichzeitig werden Smartphone-Besitzer laufend digital befeuert und müssen darauf reagieren oder meinen, darauf reagieren zu müssen.

Zusätzlich kommen im Kopf-Karussell die Gefühle in Schwung: Man spricht mit dem Nachbarn, trifft sich oder chattet mit Freunden oder Bekannten und ist schnell dabei, alles auf sich selbst zu beziehen, seinen eigenen Status, Beziehung, Körpergewicht, Lebensumstände zu vergleichen und sich vielleicht sogar über empfundene Nachteile ärgern.

Aussteigen bitte!

Ziel der Achtsamkeit ist es, aus diesem Karussell auszusteigen.

Stau Stress Hektik

Dabei helfen bestimmte mentale Techniken, die sich auf folgende Grundpfeiler stützen:

Konzentration auf den Moment

Sie zwingen sich, das Hin- und Her der Gedanken und jegliches Multitasking zu vermeiden. Eins nach dem anderen im Hier und Jetzt.

Beobachten und wahrnehmen

Sie beobachten genau, was Sie in jedem Moment tun. Sie spüren in sich hinein und machen sich jede Einzelheit Ihrer Empfindungen bewusst. Was gibt es jetzt gerade zu hören, sehen, riechen oder zu schmecken? Ein gutes Beispiel ist das Essen. Der Gastronomie-Autor Jürgen Dollase zum Beispiel fordert implizit diese achtsame Beobachtung, wenn er zugunsten eines intensiveren Geschmackserlebnisses gegen das Multitasking mit Gesprächen oder anderen Ablenkungen beim Essen plädiert.

Nicht bewerten

Ein zentrales Element der Achtsamkeits-Technik ist es, das Beobachtete und Erspürte nicht zu bewerten. Das ist leichter gesagt als getan. Fast automatisch stellen wir einen Bezug zu unseren Erfahrungen und unserem Wertesystem hier – das Auto des Nachbarn ist größer, das Verhalten des Verkäufers ist unverschämt usw. Konzentriert man sich jedoch auf die Beobachtung ohne zu beurteilen, macht man also einen Schritt aus seinem Bewertungsmuster heraus, vermindert dies Stress. Es schont die Psyche vor allem, wenn man mit einer Interaktion oder Situation konfrontiert ist, die man eigentlich als unangenehm einschätzt, aber gerade nicht ändern kann – sei es ein unangenehmes Gespräch, der Stau auf der Autobahn oder eine niedergeschlagene Stimmung. Das Nicht-Bewerten ist im Übrigen auch eine klassische Regel beim Ideensammeln in Kreativteams. Nur so bleiben die Gedanken am Fließen und der Geist offen.

Akzeptieren und loslassen

Wenn man einen Zustand in jedem Moment akribisch beobachtet und erspürt hat, ohne ihn zu bewerten, sollte es leichter gelingen, ihn zu akzeptieren und negative Gefühle loszulassen. Ungefähr so wie ein Tinnitus, der von selbst verschwindet, nachdem man endlich mit dem krampfhaften Versuch, ihn zu überhören oder zu bekämpfen, aufgehört hat.

Lernen und üben

Achtsamkeits-Techniken sollte man erlernen und regelmäßig üben. Bis heute ist das Trainingsprogramm der Mindfulness-Based Stress Reduction (MSBR) verbreitet. Die Übungen wurden von dem inzwischen emeritierten Medizinprofessor Jon Kabat-Zinn an der Universitätsklinik von Massachusetts aus den Lehren des Buddhismus entwickelt und wissenschaftlich untersucht. Darüber hinaus gibt es Lehrer für Mindfulness Based Cognitive Therapy (MBCT). Informationen zum Thema, Trainer und Seminare findet man auf der Website des Verbands der Achtsamkeit-Lehrer. Eine einfache Achtsamkeitsübung und Informationen über Wirkungen finden Sie hier.

Es geht auch darum, richtig mit der Achtsamkeits-Methode umzugehen und sie für sich selbst zu prüfen. Bei bestimmten psychischen Konstellationen oder übertriebener Anwendung können Probleme entstehen – zum Beispiel aus der krampfhaftem Fixierung auf einen Meditationserfolg.

Keine Esoterik

In richtiger Technik und rechtem Maß angewendet, gilt Achtsamkeit jedoch als Wohltat für die Psyche und Lebensführung. Ein attraktives Angebot für Cool Ager? Viele begrüßen die Achtsamkeits-Methode auch aus dem Grund, dass sie die Möglichkeit zur Meditation ohne esoterisches Brimborium bietet.

Sollten Sie sich dennoch (noch) nicht damit anfreunden können, spazieren Sie einfach regelmäßig mit allen geschärften Sinnen, das heißt ohne Smartphone, durch den Wald. Auch hierfür gibt es einen Begriff: Waldbaden.

Wald Ruhe Gelassenheit Achtsamkeit

English Version

Mindfulness – Without stress into the best years

At 60 plus, you naturally have a lot on your plate: worries about your loved ones, stress in everyday life, health problems perhaps. Before we become more and more the atlases of the life burden, we should ask ourselves: Isn’t it finally time to take care of yourself intensively, to be really nice to yourself? Now, at the latest, we can no longer avoid the favourite topic of many psychologists and life coaches: mindfulness.

With mindfulness, they say, we can find inner peace, become more relaxed, leave entrenched patterns, feel more joy of life in the here and now. But what is that actually supposed to be, this mindfulness? Aren’t we all automatically mindful when we drive a car, walk across the street or hold a baby in our arms?

Stop the head carousel

On the merry-go-round of everyday life, many things rotate simultaneously:

  • In the shower we already think about the next dentist appointment.
  • At dinner we read the letter from the tax office.
  • In the car we think about the urgent need to book our holiday today.

At the same time, smartphone owners are constantly being digitally fueled and have to react or think they have to react.

In addition, in the head carousel, emotions get going: You talk to your neighbour, meet or chat with friends or acquaintances and are quick to relate everything to yourself, compare your own status, relationship, body weight, life circumstances and perhaps even get angry about perceived disadvantages.

Exit please

The goal of mindfulness is to get off this merry-go-round.

Certain mental techniques, which are based on the following cornerstones, are helpful here:

Focus on the moment

You force yourself to avoid the back and forth of thoughts and any multitasking. One after the other in the here and now.

Observe and perceive

You observe exactly what you are doing in every moment. You become aware of every detail of your feelings. What is there to hear, see, smell or taste right now? A good example is food. The gastronomy author Jürgen Dollase, for example, implicitly demands this attentive observation when he pleads against multitasking with conversations or other distractions while eating in favor of a more intensive taste experience.

Do not evaluate

A central element of the mindfulness technique is not to evaluate what is observed and sensed. This is easier said than done. Almost automatically, we make a reference to our experiences and our value system here – the neighbour’s car is bigger, the seller’s behaviour is impertinent, etc. However, if you concentrate on observation without judging, i.e. if you take a step out of your evaluation pattern, this reduces stress. It is especially beneficial for the psyche when you are confronted with an interaction or situation that you actually consider unpleasant but cannot change – be it an unpleasant conversation, a traffic jam on the motorway or a depressed mood. Incidentally, non-evaluating is also a classic rule when collecting ideas in creative teams. This is the only way to keep your thoughts flowing and your mind open.

Accept and let go

If you have meticulously observed and sensed a condition in every moment without judging it, it should be easier to accept it and let go of negative feelings. This is similar to tinnitus, which disappears of its own accord after you have finally stopped struggling to overhear or fight it.

Learning and practicing

Mindfulness techniques should be learned and practiced regularly. The Mindfulness-Based Stress Reduction (MSBR) training program is still widely used today. The exercises were developed from the teachings of Buddhism by the now emeritus professor of medicine Jon Kabat-Zinn at the University Hospital of Massachusetts and scientifically examined. There are also teachers for Mindfulness Based Cognitive Therapy (MBCT). Information on the topic, trainers and seminars can be found on the website of the Association of Mindfulness Teachers. A simple mindfulness exercise and information about effects can be found here.

Mindfulness techniques should be learned and practiced regularly. The Mindfulness-Based Stress Reduction (MSBR) training program is still widely used today. The exercises were developed from the teachings of Buddhism by the now emeritus professor of medicine Jon Kabat-Zinn at the University Hospital of Massachusetts and scientifically examined. There are also teachers for Mindfulness Based Cognitive Therapy (MBCT). Information on the topic, trainers and seminars can be found on the website of the Association of Mindfulness Teachers.

It is also about dealing with the mindfulness method correctly and testing it for yourself. With certain psychological constellations or exaggerated application, problems can arise – for example from a desperate fixation on a meditation success.

No esotericism

However, when applied in the right technique and in the right measure, mindfulness is considered to be beneficial for the psyche and lifestyle. An attractive offer for Cool Ager? Many welcome the mindfulness method also because it offers the opportunity for meditation without esoteric fuss.

If you still can’t (yet) get used to it, simply take regular walks through the forest with all your sharpened senses, i.e. without a smartphone. There is also a term for this: forest bathing.

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