Eine Gratulation aussprechen? Ist doch kinderleicht, könnte man meinen. Wir haben schon tausendmal Menschen zu irgendetwas gratuliert, und was ist schon dabei? Doch so harmlos die Gratulation daherkommt, so trickreich kann sie sein. Es gilt, einige Regeln zu beachten, vor allem wenn man die modernen Kommunikationsmittel benutzt. Schließlich geht es um nichts weniger, als einer Person mit den Glückwünschen Anteilnahme und Anerkennung mitzuteilen und so letztendlich die Beziehung zu ihr zu definieren.
Der Empfänger der Gratulation erlebt etwas, was für ihn von höchster Priorität ist. Seine Antennen für die Reaktion seiner Mitmenschen sind in dieser Zeit sehr sensibel. Da ist es leicht, jemanden Freude zu senden, aber auch im Fettnapf zu landen.
Wann wird gratuliert?
Auch wenn einige Geburtstagsmuffel es verleugnen mögen, der wichtigste Tag im Jahr fürs Ego ist der Geburtstag. Wenn sich der Tag, an dem man auf die Welt gekommen ist, jährt, hat man schon als ganz junges Kind besonders intensiv erfahren, etwas ganz Besonderes zu sein. Das prägt.
Glückwünsche sind außerdem angebracht bei besonderen Jubiläen: runde Geburtstage, Hochzeitstag, berufliche Jubiläen oder individuelle Jahrestage wie zum Beispiel zehn Jahre Ruhestand. Schließlich gibt es etwas zu „bejubeln“. Das Wort Jubiläum leitet sich aus dem lateinischen „annus jubilaeus“ (Jubeljahr) ab.
Gratuliert wird auch bei Meilensteinen und neue Abschnitten im Leben, gemeisterten Herausforderungen und persönlichen Erfolge im Berufs- und Privatleben, zum Beispiel:
- Schulabschluss
- Studienabschluss
- Abschluss der Berufsausbildung
- neue Arbeitsstelle
- Auszeichnungen und Preise
- religiöse Feste wie Kommunion und Konfirmation
- Hochzeit
- Schwangerschaft
- Geburt des Kindes oder Enkelkindes
- Eintritt in die Rente
Man kann Glückwünsche auch jemandem aussprechen, der beispielsweise eine schwere Krankheit überwunden hat.
Wie wird gratuliert?
Die Mindestanforderungen an den Gratulanten sind, dass er zur rechten Zeit an den jeweiligen Anlass denkt, indem er dazu Informationen einholt und den Kalender oder seine To-do-Liste nutzt, und dass er dem zu Feiernden etwas Gutes wünscht. Wie die Gratulation ausgestaltet wird, hängt freilich von der sozialen Beziehung des Gratulanten zum Empfänger der Glückwünsche ab.
Je enger die beiden befreundet sind, desto persönlicher darf und sollte gratuliert werden. Der Besuch mit Handschlag, Umarmung, Blumen, Mitbringsel, selbst gebackenem Kuchen und viel menschlicher Sympathie ist vermutlich nicht zu toppen, aber nicht immer möglich. Bei Zeitmangel und großen Entfernungen kann man Glückwünsche via Telefon oder Videotelefonie übermitteln.
Wenn man den Empfänger nicht persönlich kontaktiert, kann man seine Wertschätzung schriftlich mitteilen. Wählt man dafür den handschriftlich verfassten Brief oder eine Karte, lassen sich stilvoll Anteilnahme und Engagement ausdrücken. Eine liebevoll ausgesuchte Karte mit einem Motiv nach dem Geschmack des Empfängers oder gar eine selbst gestaltete Glückwunschkarte kommen hier mit Sicherheit besser an als nullachtfünfzehn Karten aus dem Kaufhaus. Falls Sie nicht gesamten Text ohnehin mit der Hand schreiben, sollten Sie getippte, ausgedruckte Zeilen immer handschriftlich unterschreiben. Wer Briefe und Karten schreibt, sollte sie zudem rechtzeitig zur Post bringen. Schließlich hat die klassische Form der Kommunikation heutzutage den Namen „Snailmail“ (Schneckenpost).
Denn es geht ja viel flotter. Beim schriftlichen Gratulieren bedienen sich immer mehr Menschen elektronischer Medien. Das heißt nicht, dass die auf die Schnelle übermittelten Wünsche weniger von Herzen kommen.
Was ist bei elektronischen Glückwünschen zu beachten?
Seien Sie sich sicher, dass der Empfänger das Medium, das Sie gewählt haben, wirklich regelmäßig nutzt – seien es Computer und Mailprogramm beziehungsweise Computer, Tablet oder Smartphone für soziale Medien. Ob der Beglückwünschte eine ausführliche E-Mail, eine knappe SMS oder viele Emojis bei Facebook bevorzugt, hängt sicher von seinen eigenen Nutzungsgewohnheiten ab. Möchte man die Gratulation via Posting in einem sozialen Netzwerk wie Facebook überbringen, sollte man sich vorher fragen, ob der Empfänger wirklich derart öffentlich beglückwünscht werden möchte. Das könnte beispielsweise bei einer Schwangerschaft oder anderen sehr persönlichen Anlässen nicht der Fall sein.
Bei einer Gratulation per E-Mail ist es eventuell ratsam, auf Anhänge zu verzichten. Denn viele Empfänger öffnen keine Anhänge, um das Risiko von Spam oder Viren zu vermeiden.
Vorgefertigte E-Mail-Postkarten sind außerdem Geschmacksache.
Ideen fürs Gratulieren
Seien Sie kreativ. Wenn es gefällt, beim Geburtstagsanruf ein paar Takte auf der Flöte zu spielen oder den Hund Glückwünsche bellen zu lassen: warum nicht? Versierte Gratulanten nehmen ein kleines Glückwunsch-Video auf, laden es auf YouTube hoch und senden einen E-Mail-Gruß mit dem entsprechenden Link. Wenn Sie Ihr Glückwunsch-Motiv selbst zeichnen oder mit einem Präsentationsprogramm wie Microsoft PowerPoint gestalten können: super.
Wenn Sie eine dichterische Ader haben: nur zu. Die meisten Menschen freuen sich sehr, wenn Sie sich die Mühe machen, statt Glückwunsch-Floskeln ein persönliches Gedicht zu formulieren. Als Botschaft kommt an: Sie haben Zeit und Gehirnschmalz investiert.
Gedichte lassen sich auch hervorragend auf Feiern vortragen. Für den Gefeierten und das Publikum wird die Gratulation zum Gemeinschaftserlebnis der sprachlich besonderen Art. Glauben Sie nicht, dass Ihnen die Inspiration fehlt. Als Ermutigung sei hier – in Gedichtform – der Ratschlag gegeben, sich locker zu machen:
Such lieber nicht die Worte,
sie selber finden dich,
wenn du Ideen und Orte
notierst gelegentlich.
Sinniere ganz gelassen
und grüble nicht auf Krampf.
Etwas in Reime fassen
soll Freude sein, nicht Kampf.
Will’s erst mal nicht gelingen,
so mach dir bloß nichts draus.
Es steckt doch in dir drinnen
und kommt demnächst noch raus.
Zwei weitere Tipps zum Dichten:
- Ein Reimlexikon ist eine tolle Hilfe.
- Für das richtige Versmaß lesen Sie Ihre Zeilen laut. So merken Sie, ob der Rhythmus stimmt.
Was sind die richtigen Worte?
Die Inhalte einer Gratulation sind sehr individuell, sollten aber grundsätzlich die Anrede der beglückwünschten Person(en) und den Anlass der Gratulation enthalten. Darüber hinaus können Sie sich auf emotionale Inhalte beziehen, wie zum Beispiel:
- Was dem Empfänger wichtig ist
- Welche Leistungen er gemeistert hat
- Was auf ihn zukommt
- Welche Pläne er hat
- Was Sender und Empfänger verbindet
Vermeiden Sie übertriebene Schmeichelei. Persönliche Inhalte mit privaten Erinnerungen und Anekdoten sind in der Kommunikation zwischen Gratulant und Empfänger gut aufgehoben. Persönliche Informationen wollen jedoch wohlüberlegt sein, wenn sie in einer Rede oder einem Gedicht vor Publikum vorgetragen werden. Nicht jede Pointe ist die paar Lacher wert, wenn der Gefeierte sich am Ende doch verletzt fühlt. Was jedem Gratulationstext gut tut, ist, sich auf Gemeinsames wie geteilte Hobbies, Erlebnisse oder Herausforderungen zu beziehen. Prüfen Sie Ihren Text und streichen Sie unterschwellige Herabwürdigungen à la „Du warst ja lange von Beruf Sohn. Wie schön, dass Du jetzt Deinen Abschluss hast.“ Bei aller Glückwunsch-Euphorie ist es ratsam, nichts zu versprechen, was man höchstwahrscheinlich nicht einhalten kann, wie zum Beispiel „Wir sehen uns künftig jede Woche“ oder „Ich bin Euer Babysitter, so oft Ihr mich braucht.“
Sorgfältig und persönlich bitte!
Für alle Texte, aber vor allem bei elektronisch übermittelten Glückwünschen, gilt: Lassen Sie Genauigkeit walten und vermeiden Sie Rechtsschreibfehler. Der Empfänger wird Ihre Botschaft sehr gründlich lesen. Also verfassen Sie Ihre Gratulation sorgfältig, damit nicht der Eindruck des nachlässig Hingeworfenen entsteht à la „Hi, alles gute zum Gebutstag. Wünsche dir alles, was di dir wünscht. Lg Tom“ Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Toms Wünsche nicht herzlich, sondern ihm herzlich egal sind. Wenn im Absenderfeld der E-Mail nicht die eigene E-Mail-Adresse steht, sollte man eine gute Begründung haben. Ansonsten sieht es so aus, als hätte man das Gratulieren in Auftrag gegeben.
Gestalten und formulieren Sie Ihre Gratulation so, wie Sie annehmen, dass sie dem Empfänger gefällt, und nicht allein, wie Sie sie gut finden. Die Glückwünsche im Familien- und Freundeskreis fallen sicher leichter, während andere Gratulationen eher als Pflicht empfunden werden. Am besten, man denkt dabei stets daran, wie sehr man sich selber über Glückwünsche freut.