Wenn beim Reden nichts gesagt wird und trotzdem alle happy sind, dann läuft gerade ein Small Talk. Denn hier geht es nicht um Inhalte, sondern um die soziale Beziehung. Zwischenmenschliche Behaglichkeit erzeugt, wer nett schwätzt statt tief schürft. Vom Anschweigen ganz zu schweigen.
Aber warum ist das kleine Gespräch so erstrebenswert? Im Berufsleben kommen kompetente Small Talker besser weg. Auch privat hat das kommunikative Beziehungsmanagement seine Vorteile:
Kein Streit, keine Peinlichkeit, kein Stress.
Der Small Talk gilt als soziales Schmiermittel für ein besseres Miteinander.
Aber tritt man jemandem mit solcher Oberflächlichkeit nicht erst recht zu nahe? Das fragen Deutsche, bis sie die typisch amerikanische Minimalkonversation verstanden haben. Nämlich, dass man ständig von Fremden „How are you“, „Wie geht’s“, gefragt wird und ausschließlich mit „I’m fine“, „Passt schon“, antwortet. In allen Vereinigten Staaten von Amerika will niemand wissen, wie es einem geht, sondern nur freundlich Kontakt aufnehmen.
Howdy
Man nimmt an, dass dieses Verhalten auf Begegnungen in einsamer Prairie zu alten Wildwest-Zeiten gründet. Wer sprach, war einzuschätzen. Wer schwieg, galt als potentielle Bedrohung und riskierte womöglich erschossen zu werden. Also sprach man besser, und zwar etwas Unverfängliches.
Dabei ist der Small Talk als Pläuschchen, Schwätzle oder Klönschnack auch urdeutsch. Auch bei uns wirkt der Small Talk lebensverlängernd. Schließlich ist es wissenschaftlich bestätigt, dass soziale Kontakte wesentlich zum Glück und längeren Leben beitragen.
Sicher geht nichts über das tiefgründige, ehrliche, persönliche Gespräch unter Freunden. Doch vor einer möglichen Freundschaft kommt stets der erste Kontakt. Auch bei Menschen, die einem sehr gut bekannt sind, empfiehlt sich bisweilen das Sprechen ohne Inhalt. Zum Beispiel, wenn man auf der Familienfeier den Ex-Mann oder die Ex-Frau trifft.
Was geht beim Small Talk?
Versierte Small Talker zeigen zwar eine offene Körperhaltung und ein freundliches Gesicht, halten jedoch Abstand: körperlich und vor allem thematisch. Als klassische Tabus gelten in unserem Kulturkreis die Themen Politik, Religion, Krankheit, familiäre Probleme und Geld.
Denn Konfliktpotential oder allzu private Auskünfte sind ungeeignet, wenn es nicht auf Information, sondern gemeinsames soziales Schwingen ankommt. Der Fachausdruck für solche Gespräche ist phatische Kommunikation.
Als Musterbeispiel des Sprechens um des Sprechens willen galt von jeher der Austausch über das Wetter. Doch das ist auch nicht mehr, was es mal war: Wer nach einem nett gemeinten „Ganz schön heiß heute“ eine Diskussion über den Klimawandel anzettelt, hat das Small Talk-Ziel glatt verfehlt. Auch bei anderen scheinbar harmlosen Themen wie zum Beispiel Fußball kann es ernst werden.
Ganz gleich, worüber gesprochen wird – es geht nicht darum, recht zu haben oder rhetorisch zu glänzen, sondern sich gegenseitig Aufmerksamkeit zu schenken.
Dabei muss ein Small Talk keine Unterhaltung ohne Unterhaltungswert sein. Über Kultur, Reisen, Musik, Filme, Essen und Trinken kann man schließlich angenehm parlieren. Am besten gelingt dies, wenn die Small Talker auf Augenhöhe plaudern – frei nach dem deutschen Gelehrten Georg Christoph Luchtenberg (18. Jh.):
„Wie geht es, fragte ein Blinder einen Lahmen; wie Sie sehen, war die Antwort.“
Wie geht der Small Talk?
Da steht man nun auf der Feier, der Party, der Veranstaltung und stellt fest: Gar nicht so einfach, der Small Talk. Hier einige Tipps:
- Beziehen Sie sich auf die aktuelle Situation: Anlass, Gastgeber, Räumlichkeiten, Verpflegung, Begleitumstände wie Anreise, Wetter, etc.
- Betonen Sie, was Sie positiv finden, und verkneifen Sie sich Kritik.
- Vermeiden Sie Gegenrede und Wörter wie „aber“, „doch“, „falsch“.
- Suchen Sie nach Gemeinsamkeiten: die Bekanntschaft mit dem Gastgeber, die Vorliebe für ein bestimmtes Essen vom Buffet, Interesse für Wein, Haustiere, Reiseziele, Fernsehserien, Oper, neue Apps und so weiter.
- Nutzen Sie Fragestrategien
- Stellen Sie offene statt geschlossene Fragen. Beispiel: Die offene Frage „Wissen Sie, was uns heute hier erwartet?“ initiiert eine ausführliche Antwort mit Möglichkeiten zum Anknüpfen. Die geschlossene Frage „Trinken Sie auch gern Espresso?“ würgt das Gespräch durch die reduzierten Antwortmöglichkeiten „Ja“ oder „Nein“ ab.
- Irgendein angestrebtes Erkenntnisziel hält auch harmlose Pläusche am Laufen: Fragen Sie Ihr Gegenüber nach einer Beschreibung, einem Vergleich, einer Absicht oder nach Zusammenhängen.
- Dominieren Sie nicht, weder mit einem Verhör durch zu viele Fragen, noch mit einem Vortrag ganz ohne Fragen.
- Hören Sie zu. Gute Small Talker sind auch Great Listener.
- Seien Sie humorvoll, aber vermeiden Sie Witze.
- Seien Sie respektvoll: Sehen Sie Ihrem Gegenüber in die Augen und schenken Sie ihm Ihre volle Aufmerksamkeit.
- Sollten Sie das Gespräch beim besten Willen nicht mehr ertragen, wechseln Sie das Thema oder den Gesprächspartner, bevor Ihre Mimik und Körpersprache Sie verraten.
Und tschüs
Ein angenehmer Zug des Small Talks ist es, dass man nicht nur leicht reinkommt, sondern auch leicht wieder raus. Auch den Ausstieg kann man elegant gestalten:
- Greifen Sie, wie schon beim Einstieg, auf die aktuelle Situation auf: „Ich muss mir unbedingt noch ein Dessert sichern.“
- Verbinden Sie Ihren Abgang mit einer Frage: „Wissen Sie, wo ich die Desserts finde?“ / „Welchen Nachtisch können Sie empfehlen?“
- Vertrauen Sie auf bewährte Formulierungen: „War nett, mit Ihnen gesprochen zu haben.“ / „Ich wünsche Ihnen noch viel Spaß.“ / „Wir sehen uns sicher wieder.“
Floskeln, von lateinisch „flosculus“ (Blümchen), sind wichtige Elemente der phatischen Kommunikation und dürfen beim Small Talk munter blühen. Auf Gemeinplätzen können, wie der Name schon sagt, alle zusammenkommen:
„Wat mutt, dat mutt“, „Über Geschmack lässt sich nicht streiten“, „Wenn Engel reisen, lacht der Himmel“…
Allerdings trifft es der Spruch „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“ hier nicht, vielleicht eher: Reden ist Gold, Schweigen ist Schrott.
English Version
Talk instead of say. Can you Small Talk?
If nothing is said while talking and everyone is happy, then a Small Talk is going on. Because this is not about content, but about the social relationship. Interpersonal comfort is created by talking nicely instead of digging deep. Not to mention remaining silent.
But why is this „little conversation“ so desirable? Competent small talkers are better off in professional life. In addition, communicative relationship management has its advantages in private life:
No fighting, no embarrassment, no stress.
Small talk is regarded as a social lubricant for a better togetherness.
But doesn’t one offend the other person with such superficiality? That’s what Germans ask until they understand the typical American minimal conversation. Namely, that one is constantly asked by strangers „How are you“, „Wie geht’s“, and answers exclusively with „I’m fine“, „Passt schon“. In all the United States of America, nobody intends to know how you’re doing, only to make friendly contact.
Howdy
It is assumed that this behaviour traces back to encounters in lonely prairie in old Wild West times. Who spoke was to be assessed. Those who remained silent were considered a potential threat and risked being shot. So it was better to speak, preferably saying something harmless.
The Small Talk is also original German as „Pläuschchen“, „Schwätzle“ or „Klönschnack“. Also here the Small Talk works life-prolonging. After all, it is scientifically confirmed that social contacts contribute significantly to happiness and a longer life.
Certainly nothing beats the profound, honest, personal conversation among friends. But before a possible friendship always comes the first contact. Even with people you know very well, it is sometimes advisable to speak without content. For example, when you meet the ex-husband or ex-wife at a family celebration.
What to small talk
Experienced small talkers show an open posture and a friendly face, but keep their distance: physically and above all thematically. The classic taboos in our North European culture are politics, religion, illness, family problems and money.
Because conflict potential or all too private information is unsuitable when it is not about information, but about common social swinging. The technical term for such conversations is phatic communication.
The exchange about the weather has always been regarded as a prime example of speaking for speaking’s sake. But even that is not what it used to be: anyone who starts a discussion about climate change after a nicely meant „pretty hot today“ has missed the small talk target. Other seemingly harmless topics such as football can also be serious.
No matter what is being talked about, it is not about being right or shining rhetorically, but about paying attention to each other.
Small talk doesn’t have to be conversation without entertainment value. Culture, travel, music, movies, food and drink can all be pleasantly chatted about. The best way to do this is for small talkers to chat at eye level – based loosely on the German scholar Georg Christoph Luchtenberg (18th century):
„How are you, a blind man asked a lame man; as you can see, the answer was.“
How to small talk
Now you’re standing at the party, the celebration, the event and you realize: Small talk is not that easy. Here are some tips:
- Refer to the current situation: occasion, host, premises, catering, accompanying circumstances such as travel, weather, etc.
- Emphasise what you find positive and stifle criticism.
- Avoid counter-talk and words like „but“, „however“, „wrong“.
- Look for similarities: the acquaintance with the host, the preference for a certain meal from the buffet, interest in wine, pets, destinations, TV series, opera, new apps and so on.
- Use question strategies:
- Ask open questions instead of closed ones. Example: The open question „Do you know what awaits us here today?“ initiates a detailed answer with possibilities for follow-up. The closed question „Do you also like espresso?“ chokes off the conversation by reducing the number of possible answers to „Yes“ or „No“.
- Any desired epistemic aim also keeps harmless chats going: Ask your counterpart for a description, a comparison, an intention or connections.
- Do not dominate, neither with an interrogation by too many questions, nor with a speech completely without questions.
- Listen. Good small talkers are also great listeners.
- Be humorous, but avoid jokes.
- Be respectful: Look your counterpart in the eye and give him your full attention.
- If you can no longer bear the conversation with the best will in the world, change the subject or the conversation partner before your facial expressions and body language betray you
And bye-bye
A pleasant feature of Small Talk is that it is not only easy to get in, but also easy to get out. The exit can also be designed elegantly:
- null
- Take up the current situation, as you did at the beginning: „I absolutely have to secure a dessert.“
- Combine your departure with a question: „Do you know where to find the desserts?“ / „Which dessert can you recommend?
- Trust in proven formulations: „It was nice talking to you“. / „I wish you lots of fun.“ / „I’m sure we’ll see you again.“
Flowery phrases are important elements of phatic communication and are allowed to bloom lively during small talk. In commonplaces, as the name suggests, everyone can come together.
„What must be, must be.“