Mensch ärgere dich nicht, sondern spiel

Sauna, Yoga, Netflix. Bei all dem, was man so entspannend findet, wird eines oft vergessen: das Spiel. Laut Duden eine „Tätigkeit ohne bewussten Zweck zum Vergnügen, zur Entspannung, aus Freude an ihr selbst und an ihrem Resultat“. Selbst viele Ältere denken beim Thema Spiel zunächst an den Computer, denn World of Warcraft, Super Mario, Tetris und Mahjong sind ja auch schon Klassiker.

Aber analoge Spiele waren nie weg und sind gerade wieder so richtig im Kommen. Hier ist es nicht nur das Spiel selbst, was Vergnügen bereitet, sondern auch, dass man dabei Gesellschaft hat. Womit wir beim Thema wären: dem Gesellschaftsspiel.

Gemeinsam in eine Spielewelt einzutauchen, ob mit Familie, Freunden oder Gleichgesinnten im Spiele-Café, steigert das Wohlbefinden. Denn soziale Kontakte lenken nicht nur vom Alltag ab, sondern stärken auch das Immunsystem. Das haben inzwischen viele Studien untermauert.

Doch Spiele sind mehr als eine Zusammenkunft. Allein deren Vielfalt – seien es Brett-, Lege-, Figuren- oder Kartenspiele – zeigt auf, was man zusätzlich zur Geselligkeit kultiviert:

  • Geschicklichkeit bei Spielen wie Mikado, Tischkicker oder Kegeln
  • Gehirntraining durch strategisches Denken, Decodieren, Kombinieren, Knobeln oder Erinnern bei Denkspielen wie Schach, Go, Dame, Mühle, Halma, Mastermind, Memory, Scrabble, Bridge, Skat und viele mehr
  • Das Erlebnis, mal in eine bestimmte Rolle zu schlüpfen, zum Beispiel des Kriminalers bei Scotland Yard, des kapitalistischen Schlaubergers bei Monopoly oder des Abenteurers, Helden, Menschen mit übersinnlichen Kräften et cetera
  • Wissen testen und erweitern mit Quiz und Fragespielen wie Trivial Pursuit
  • Teamgeist bei Spielen mit Mannschaftsaufgaben oder ausgeprägter Partnerstrategie wie Bridge
  • Bluffen bei Spielen, denen ein Pokerface sehr zum Vorteil gereicht. Kann man auch in manchen Lebenssituationen ganz gut gebrauchen.
Wer spielt, lernt

Pädagogen haben sich für das Spiel Kategorien ausgedacht, die verraten, dass die laut Definition zweckfreie Tätigkeit Spiel durchaus Zwecke hat: Funktionsspiel, Lernspiel, Illusionsspiel, Rollenspiel, Regelspiel. Kurz gesagt: Man lernt für die Realität da draußen.

Manchmal lernt die Realität auch vom Spiel. Unter dem Begriff Gamification, zu deutsch etwa Spielifizierung, werden die Eigenschaften und Mechanismen des Spielens zur Motivationssteigerung in Bildung und Weiterbildung verwendet.

Bei einigen Gesellschaftsspielen braucht es reines oder zusätzliches Würfelglück. Das hat den Vorteil, dass keiner als „schlechter Spieler“ nach Hause gehen muss. Vielmehr darf man etwas Lebensweisheit mitnehmen: „Mensch, ärgere dich nicht“.

Spiel

Schließlich – das wollen wir hier keinesfalls übersehen – geht es beim Spiel ums Gewinnen. Da werden die oder der Glückliche mit Hormonen geflutet, wie sie kein Happy End in der TV-Serie annähernd aktivieren könnte. Doch bei allem Ehrgeiz – wo Gewinner, da auch Verlierer, und zwar möglichst gute. Auch das kann man bestens üben. Letztlich ist ein Gesellschaftsspiel wirklich nur ein Spiel, was es vom Profi-Fußball oder Casinobesuch unterscheidet.

Was wird hier gespielt?

Langeweile wird für Spielfreudige wohl nie aufkommen. Die oben genannten alten und jüngeren Klassiker gehören zwar zu den beliebtesten und meistgespielten Spielen, stellen aber nur einen Bruchteil des Angebots dar.

Gesellschaftsspiele sind eine zutiefst deutsche Angelegenheit mit einer breiten Szene, zahlreichen Verlagen und kreativen Autoren. Im Ausland gibt es daher die Bezeichnung „German Games“, gewissermaßen als Synonym für sprudelnde Spiele-Ideen, die inzwischen allerdings den Namen „Eurogames“ erhalten hat.

Jedes Jahr finden hierzulande zahlreiche Messen für nicht-elektronische Spiele statt, mit über 200.000 Besuchern die weltgrößte in Essen. Nicht nur Fachbesucher, sondern auch das einfache Spielervolk kann sich dort Spiele erklären lassen und ausprobieren.

Den Ritterschlag (und meist wirtschaftlichen Erfolg) für den Autor oder die Autorin bedeutet es, wenn seine oder ihre Erfindung aus unzähligen Kreationen hervorsticht und zum Spiel des Jahres gekürt wird. Ehemalige Spiele des Jahres wurden zu Bestsellern: Rummikub, Scotland Yard, Café International, Die Siedler von Catan, Carcassonne, um nur einige zu nennen. Die Liste der Spiele des Jahres finden Sie hier. Außerdem werden das Kinderspiel sowie – für versierte Spieler – das Kennerspiel des Jahres ausgezeichnet. Spiel des Jahres 2019 ist Just one, das Partyspiel des Wort-Erratens mit einem neuen Dreh.

Spiel
Bleibt die Frage: Wer spielt mit?

Die erste buchstäblich naheliegende Antwort: Familie und Verwandte. Bei Familientreffen wie etwa zu Weihnachten bietet sich das Spiel als Alternative zu Stressgesprächen und Langeweile an. Spiele lassen sich bestens schenken oder mitbringen. Oder man nimmt Spielen nicht nur als Beiwerk, sondern sogar als Anlass zu Besuchen. Mit etwas Glück und Überredungskunst macht es irgendwann allen Generationen derart Spaß, dass die Kurzweil-Konkurrenten Computer und Fernseher für eine Weile kalt gestellt sind.

Der Spieletreff mit Freunden ist kaum zu toppen, wenn alle dieselbe Spiellust und gute Laune mitbringen. Besuche in Institutionen wie Rehaklinik oder Alten- und Pflegeheim können mit einem Spielchen enorm gewinnen.

Café und Club

Allerdings kann man auch unter fremden Menschen Gleichgesinnte finden. In vielen Städten gibt es Spiele-Cafés beziehungsweise regelmäßige Spieletreffen, die in Cafés stattfinden. Neue Teilnehmer sind willkommen.

Ein klassisches Beispiel für einen Spiele-Club ist der Bridge-Club. Das Kartenspiel mit den komplexen Regeln ist in Deutschland weniger verbreitet als beispielsweise in angelsächsischen Ländern. Aber auch hierzulande gibt es glühende Anhänger. Man kann Bridge sogar in der Volkshochschule lernen. Dann geht es darum, die strategische und mathematische Spielfertigkeit im Club zu verfeinern. Schließlich kann man sich zusammen mit dem Spielpartner auf Turnieren mit anderen messen.

Für Informationen zum Mitspielen, also darüber, wo wie wer wann was spielt, durchforstet man am besten das Internet.

Fazit für Cool Ager: Spielen macht schlau, flexibel und glücklich. Ob ehrgeizig oder einfach mal so: Ein Spiel in geselliger Runde ergibt immer eine Win-Win-Situation.

Und wenn mal nichts zusammengeht: Ein Kreuzworträtsel, Sudoku oder auch Computerspiel ist selbstverständlich besser als gar kein Spiel.

4 Kommentare

… gestern den TV nicht angemacht, sondern meine Nachbarin zu einer Partie Streit Patience und einem Glas Wein eingeladen – danke für die gute Anregung!

Hallo,
ich habe noch eine Ergänzung für die, die nicht gut verlieren können oder einen Partner haben, der seine Siege zu genüsslich auskostet: Es gibt z.B. auch Escape-Room-Spiele (die man im Buchhandel für ca. 10 EUR kaufen kann), die wie ein kniffeliges Rätsel funktionieren und die man gemeinsam löst. Bei Kinderspielen ist das Konzept des Teamwork ohne einzelnen Verlierer sowieso weit verbreitet – mir fällt da u.a. „Tief im Riff“ ein. Viel Spaß!

Liebe Leser, in England habe ich die Tradition des (feucht-)fröhlichen Pub-Quiz kennengelernt, ein Spaß für die ganze Community und jetzt festgestellt, dass auch in Deutschland in den Pubs das manchmal gespielt wird. Alternativ für Profis: ein Preis-Schafkopf/Skat im Wirtshaus.

Wegen ausgezeichneter Beratung und exzellentem Service sei ausnahmsweise folgende Empfehlung erlaubt: „Speel Man to“ in St.Peter-Ording: Man wird fachkundig beraten und kann Spiele probeweise kostenlos ausleihen!

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