Frankfurt soll ja sehr liberal sein, aber beim Dill hört’s auf. Wer den in das Traditionsgericht Frankfurter Grüne Sauce mischt, begeht einen eklatanten Fauxpas und beweist, dass er es allenfalls bis Mittelhessen geschafft hat.
Überhaupt haben Fremde die Finger von der Grie Soß zu lassen, genauer gesagt vom Erzeugen und Verkaufen derselben. Mit Stempel und Segen der EU ist Frankfurter Grüne Sauce nämlich eine geschützte geographische Angabe, die sich der Frankfurter Verein zum Schutz der Grünen Sauce mühsam erkämpft hat.
Kräuter aus NRW? Geed net! Gibds net! Maache mer net!
Ok, aber was ist drin und wie schmeckt sie am besten?
Beim ersten Blick auf den Teller waren die Besucher aus den USA erst mal befremdet: „Green is a funny color for food.“ Nach Einsatz ihres Geschmackssinns forderten sie Nachschlag. So ist es nun mal mit der Kochkunst. Auf die Komposition kommt es an, in diesem Fall die Mischung aus sieben Kräutern, durch Geschmacksknospengenerationen regionaler Soß-Verkoster geprüft:
Krause Petersilie
Schnittlauch
Sauerampfer
Borretsch
Kresse
Kerbel
Pimpinelle
Fein gewiegt werden die Kräuter mit fetthaltigen Geschmacksträgern wie Crème fraîche, Schmand und saure Sahne vermischt, (Gesundheits- und Figurbewusste schmuggeln lieber Joghurt und Quark rein, Veganer/innen nehmen Soja- oder Pflanzenjoghurt), dazu Salz, Pfeffer sowie nach Gusto Zitronensaft, Senf und Zwiebeln. Man kann das Ganze zur Not im Mixer nach dem Motto „Grüner wird’s nicht“ zentrifugieren.
Geht alles, aber bitte kein Dill.
Vitaminbombe an gekochten Eiern und Pellkartoffeln
Manche häckseln noch ein gekochtes Ei hinein, aber uff Frankforderisch stilecht werden die gekochten Eier hübsch gehälftet und in Gesellschaft von Pellkartoffeln zum Saucenklacks serviert.
Der Anteil eines einzelnen Krauts an der Gesamtmischung darf 30 Prozent nicht überschreiten. Dafür haben die Kräutergärtner aus dem Frankfurter Stadtteil Oberrad zu sorgen, bevor ihr wohlschmeckendes Grünzeug in das typische weiße Papier mit grüner Aufschrift gewickelt wird.
Gans versus Gärtner
Wer die zarten Gewächse übrigens auch sehr lecker findet, sind äußerst integrationswillige und -fähige Neufrankfurter aus dem fernen Afrika. Nilgänse fühlen sich in der Mainmetropole derartig wohl, dass sie aus dem Freibad nach Okkupation von Becken und Liegewiese nur durch die gezielte Hinrichtung von einigen Artgenossen (zeitweise) zu verscheuchen waren. Für die Grie Soß machen sie gerne mal einen Abstecher vom Mainufer nach Oberrad, umso lieber, als da keiner erschossen wird.
Soß‘ it yourself
In Demut und Hochachtung vor den geplagten Frankfurter Grüne-Sauce-Bauern darf man sich sicher auch selber im heimischen Erdreich von Balkon und Garten versuchen. Ein paar Anbau-Tipps:
- Kresse gelingt auf der Fensterbank
- Sauerampfer und Borretsch vertragen Sonne
- Petersilie, Schnittlauch und Kerbel lieben den Halbschatten
- Pimpinelle ist eher etwas fürs Beet als für den Balkon
Unbedarfte Gärtner kaufen am besten Jungpflanzen und beobachten, an welchem Standort und in welcher Erde es denen am besten gefällt.
Denkmal und Führung
Wenn man mal in Frankfurt ist, kann man das Grüne-Sauce-Denkmal besuchen und vor Ort Kräuter kaufen. Wer der Sache auf den grünen Grund gehen will, kann sogar eine Führung zum Thema Grüne Sauce machen. Man darf sich ziemlich sicher sein, dass bei der Verkostung auch das Frankfurter Stöffche, zu deutsch Apfelwein, gereicht wird.
Aber uffgebassd! Auch nach dem zweiten Glas Wein nicht die Wörter Dill und Grüne Sauce zusammen in einem Satz aussprechen!