Empowerment – die Zeit der selbstbemächtigten Ager ist da

Älterwerden war schon mal angenehmer. In der Pandemie müssen sich Ältere mit dem höchsten Krankheitsrisiko und dem gesellschaftlichen Druck der „freiwilligen“ Selbstisolation herumschlagen. Doch was hört man derzeit häufig von den Kriegs- und Nachkriegskindern? Wir haben schon viel Schlimmeres erlebt! Das klingt ein bisschen wie Wir können Krise! Oder um es cool-ager-mäßig auszudrücken: Das hört sich ganz nach Empowerment an.

Der Begriff Empowerment geht auf den US-amerikanischen Psychologen Julian Rappaport zurück. Er verwendete das Konzept der „Ermächtigung“ in der Gemeindepsychologie, die sich mit der Wirkung von gesellschaftlichen Lebensbedingungen auf die Psyche des Menschen beschäftigt.

Was hat das mit der speziellen Lage Älterer in der Corona-Krise zu tun? Wenn die äußeren Bedingungen widrig oder ungleich sind (Ältere sind stärker betroffen und sollen daheimbleiben), hat das Folgen für die seelische Verfassung. Aus dem von außen bestimmten Mangel an Kontakten und Beschäftigung können schlimmstenfalls Gefühle von Einsamkeit, Sinnlosigkeit und Demütigung entstehen.

Empowerment

Empowerment/Ermächtigung ist eine Strategie, das Heft des Handelns wieder selbst in die Hand zu nehmen. Es geht darum, Power/Macht über die Daseinsgestaltung zurückzuerobern. Wenn sich die Älteren daran erinnern, wie sie sich früher selbst bemächtigt haben, aus dem Kriegsschutt heraus eine Existenz aufzubauen, können sie dieses Konzept auf die aktuelle Krise übertragen: sich auf seine Stärken besinnen, seine Ressourcen nutzen, um aus gefühlter Machtlosigkeit heraus wieder Einfluss auf und Kontrolle über das eigene Leben zu gewinnen. Aus Fremdbestimmung wird Selbstbestimmung.

Initiative statt Schulterzucken

Wer sich selbst bemächtigt, verharrt nicht in der Opferrolle, denn Selbstmitleid und Resignation machen handlungsunfähig und krank. Man sollte sich besser fragen: Bin ich der Lage wirklich hilflos ausgeliefert oder ist da noch was möglich? Auf dem Weg zum Glück der pragmatischen Selbstbestimmung kann man ganz klein anfangen.

Wie bemächtige ich mich selbst?

Jeder hat unterschiedliche Voraussetzungen, der Corona-Macht die Stirn zu bieten. Zunächst ist es freilich wichtig, sich über die Risiken zu informieren und den eigenen Isolation-Abstand-Masken-Infektionsschutz zu managen. Doch wie gelingt ein gutes und würdiges Leben darüber hinaus? Wer kann, betreibt zum Beispiel ausgiebig Frühsport, kocht neue Rezepte, schreibt eine Autobiografie, musiziert und macht Videokonferenzen mit Familie und Freunden. Bei Anderen fällt das tägliche Bewegungs- und Aktivitätsprogramm vielleicht etwas kleiner aus: morgens das Vogelgezwitscher belauschen, etwas Gymnastik machen, Zeitung lesen, eine bestimmte Radiosendung hören, spazierengehen, telefonisch Kontakte wiederbeleben und pflegen.

Empowerment

Wer sich empowered, sieht nicht Hindernisse, sondern Möglichkeiten für die selbstbestimmte Gestaltung des Corona-Alltags: meditieren, gärtnern, malen, virtuelle Kultur erleben, spielen, lernen, Romane und Sachbücher lesen, soziale Medien gewinnbringend nutzen und so weiter.

Selbstkompetenz bedeutet, dass man über den eigenen Schatten springt und seine Möglichkeiten ausschöpft. Initiative und Kreativität sind gefragt. Es kommt darauf an, dass

  • man überhaupt etwas macht
  • es regelmäßig macht
  • seinem Tag eine Struktur gibt
  • sich mit anderen Betroffen austauscht und vernetzt

So bekommt das Empowerment zwei Dimensionen. Einerseits wirkt es positiv auf die eigene Gesundheit, andererseits setzt es ein gesellschaftliches Zeichen. Der Einzelne ist nicht hilflos und die betroffene Gruppe entzieht sich ihrer Opferrolle. Also: Bleiben Sie weder passiv noch allein. Holen Sie sich Unterstützung und helfen Sie gleichzeitig anderen.

Yes, you can

Die typischen Merkmale des Empowerment verstärken sich gegenseitig. Selbstbemächtigte sind aktiv und können Probleme als Herausforderung betrachten. Sie entwickeln neue Fähigkeiten und gewinnen so an Selbstvertrauen. Sie erfahren positive Resonanz, empfinden Wertschätzung und stehen so als mündige Bürger in der Gesellschaft.

Selbstbestimmung hat viel damit zu tun, die Würde des Menschen nicht anzutasten, wie es ganz oben im Grundgesetz steht. Im Zweifel muss man eine Weile selbst dafür sorgen.

Haben auch Sie Tipps, wie man der Krise die Stirn bietet? Schreiben Sie gerne einen Kommentar!

English Version

Empowerment – the time of the self-empowered Ager is here

Getting older has been more pleasant. In the pandemic, older people have to cope with the highest risk of illness and the social pressure of „voluntary“ self-isolation. But what do you often hear about war and post-war children these days? We have already experienced much worse! That sounds a bit like We can handle a crisis! Or to put it in cool-ager terms: that sounds a lot like empowerment.

The term empowerment goes back to the American psychologist Julian Rappaport. He used the concept of „empowerment“ in community psychology, which deals with the effect of social living conditions on the psyche of a person.

What does this have to do with the special situation of older people in the Corona crisis? If the external conditions are adverse or unequal (older people are more affected and should stay at home), this has consequences for the mental condition. At worst, feelings of loneliness, meaninglessness and humiliation can arise from the lack of contact and occupation determined from outside.

Empowerment is a strategy to take the reins of action back into one’s own hands. It is about regaining power over one‘ s own existence. If the elderly remember how they once empowered themselves to build up an existence out of the rubble of war, they can transfer this concept to the current crisis: Reflecting on their strengths, using their resources to regain influence and control over their own lives to overcome the feeling of powerlessness. Heteronomous determination becomes self-determination.

Initiative instead of shrugging shoulders

Those who take possession of themselves do not remain in the role of victim, because self-pity and resignation make them unable to act and make them ill. One should better ask oneself: Am I really helplessly at the mercy of the situation or is there still something possible? On the way to the happiness of pragmatic self-determination one can start very small.

How do I empower myself?

Everyone has different prerequisites for defying the power of the Corona. First, of course, it is important to inform yourself about the risks and to manage your own isolation distance mask infection protection. But how does a good and dignified life succeed beyond that? Those who can, for example, do extensive early-morning exercise, cook new recipes, write an autobiography, make music and video conferences with family and friends. For others, the daily exercise and activity programme may be a little smaller: listening to birdsong in the morning, doing some gymnastics, reading the newspaper, listening to a certain radio programme, going for a walk, reviving and cultivating contacts by telephone.

Those who empower themselves do not see obstacles, but opportunities for the self-determined organization of everyday life in Corona: meditate, garden, paint, experience virtual culture, play, learn, read novels and non-fiction, use social media profitably and so on.

Self-competence means jumping over one’s own shadow and making the most of one’s possibilities. Initiative and creativity are required. It depends on the fact that one

  • does anything at all
  • makes it a regular occurrence
  • gives structure to one’s day
  • exchanges and networks with other affected persons

This gives empowerment two dimensions. On the one hand it has a positive effect on one’s own health, on the other hand it sets a social example. The individual is not helpless and the affected group withdraws from its victim role. So: Do not remain passive or alone. Get support and help others at the same time.

Yes, you can

The typical characteristics of empowerment reinforce each other. Self-empowered people are active and can regard problems as a challenge. They develop new skills and thus gain self-confidence. They experience positive feedback, feel appreciation and thus stand in society as independent citizens.

Self-determination has a lot to do with not touching the dignity of the human being, as it is right at the top of the German constitution. When in doubt, you have to take care of it yourself for a while.

Do you also have tips on how to face the crisis? Please feel free to write a comment!

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